Schauplaetze_SH.pdf
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Malaria in den Marschen Schleswig-Holsteins 69<br />
5 Heilmittel – deutsche Kuriositäten und die Rettung aus<br />
Südamerika<br />
Einige alte Heilmittel möchte ich an dieser Stelle kurz aufführen, weil dadurch der<br />
Wissensstand früher Generationen deutlich wird: Nicht nur der allseits bekannte<br />
Aderlass wurde gerne angewendet, sondern ebenso zahlreiche Gifte wie Quecksilber,<br />
eine Mischung aus Antimon und Vitriolöl, genannt „himmlisches Lebensquecksilber“,<br />
Schöllkraut und Opium; aber auch Knoblauch soll eine Heilung vom<br />
Marschenfieber verschafft haben. 21<br />
„[Ein Arzt namens Monro] kannte jemanden, der einen Brey aus Knoblauch so<br />
lange auf der Hand liegen ließ, bis sich der Theil entzündete und sich Blasen erzeugten,<br />
und sich dadurch von seinem Fieber befreyete.“ 22<br />
Daneben konnten auch sogenannte „Verpflanzungen“ Abhilfe schaffen, bei denen<br />
man das Fieber auf Gegenstände oder Tiere übertrug:<br />
„Der Urin des Kranken […] wird in einer Schweinsblase in einem Camine aufgehängt,<br />
oder mit verschiedenen Sachen gekocht. Nach Heuermann kochen die<br />
Einwohner zu Gera Eyer mit Erbsen im Urine des Kranken, bringen ihn stillschweigend<br />
zu einem Ameisenhaufen, und der Kranke ist kurirt, wenn die Ameisen<br />
von dieser Speise etwas kosten.“ 23<br />
Kein magisch motiviertes, sondern ein eher weltliches Heilmittel dagegen war der<br />
Alkohol, der bei Fieberanfällen vor allem die Kälteschübe und Frostphasen des<br />
Anfalles vertreiben sollte.<br />
Dem Rauchen von Tabak, welches bereits ab dem 17. Jahrhundert in vielen<br />
Gesellschaftsschichten verbreitet war, wird heute eine negative Wirkung auf die<br />
Überträgermücke zugewiesen, 24 vermutlich war dies zu damaliger Zeit in der Bevölkerung<br />
noch weitgehend unbekannt.<br />
Das nach heutigem Wissensstand wirksamste Heilmittel der frühen Zeit, die<br />
Peruvianische oder Chinarinde, in Europa bekannt seit 1630, wurde jedoch nur in,<br />
wie es scheint, geringem Umfang benutzt. Die Rinde der südamerikanischen<br />
Baumgattung Chinona vertrieb das Fieber, doch war sie äußerst bitter und zudem<br />
teuer. Durch unangemessene Dosierungen und anfangs nicht klassifizierte Wirkintensitäten<br />
der verschiedenen Chinona-Arten war das Vertrauen der Bevölkerung in<br />
dieses Heilmittel erschüttert worden. 25 Steiniger sieht den Grund für den zögerlichen<br />
Einsatz indessen darin, dass die Epidemien oft nicht direkt mit der Malaria in<br />
21 Kržowitz (1781), S. 30, 282, 366 ff.<br />
22 Ebd., S. 435.<br />
23 Kržowitz (1781), S. 448-449.<br />
24 Knottnerus (2002).<br />
25 Giger (2004); Harcken (2004), S. 64-65.