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Das Pestkreuz von Sankt Lorenz in Lübeck 89<br />

Pestzeiten auch zur Hauptbeschäftigung der Böttcher und Rademacher zählte,<br />

infizieren.<br />

Es gab jedoch auch Berufszweige, die von der Pest profitieren konnten. Die<br />

Lübecker und Hamburger Knochenhauer (Fleischer) erlebten durch den erhöhten<br />

Fleischkonsum nach Pestwellen einen wirtschaftlichen Aufschwung. Ebenso stiegen<br />

die Bierexporte, wovon Brauerei- und Böttchergewerbe Nutzen hatten. 76<br />

Der enorme Verlust an Menschen – allein in Schleswig-Holstein sollen von<br />

430.000 etwa 230.000 Menschen durch den Schwarzen Tod umgekommen sein –<br />

hatte für die Wirtschaft einer Region weitreichende Folgen. Dem durch die Pestwellen<br />

schlagartig einsetzenden Arbeitskräftemangel folgten drastische Anstiege<br />

der Löhne, denen man nahezu europaweit mit neuen Arbeitsgesetzgebungen zu<br />

begegnen versuchte, die die Höhe von Preisen und Löhnen der Seuchenjahre auf<br />

den Stand der Normaljahre vor dem Ausbruch der Pest regulierten. Die regelmäßige<br />

Wiederkehr der Pest störte die Gesamtwirtschaft auf lange Sicht, da ein geregelter<br />

Handel nur noch bedingt stattfinden konnte, Märkte und Messen ständig unterbrochen<br />

bzw. ausgesetzt werden mussten. 77<br />

Während sich die hohe Todesrate auf dem Land in einem verstärkten Wüstungsprozess<br />

äußerte, 78 stellte sie in den Städten v. a. den Renten- und Grundstücksmarkt<br />

auf den Kopf. In Lübeck kamen beide Märkte im Pestjahr 1350 zunächst<br />

völlig zum Erliegen. Durch den Einbruch im Handel stieg der Zinssatz<br />

erheblich, da bei gleichzeitigem Bedarf an mobilem Kapital nur ein geringes Geldangebot<br />

bestand. Kleinere Kaufleute und Handwerker, deren Produktionsabsatz<br />

vom Handel abhing, waren als erstes vom wirtschaftlichen Niedergang betroffen.<br />

Da Handelsgewinne auch bei den großen Kaufleuten ausblieben, stagnierte der<br />

Rentenmarkt, da die sonst in diesen eingezahlten Gelder fehlten. Bei den Grundstücken<br />

verdoppelte oder verdreifachte sich die Zahl der Umschriften. Dabei handelte<br />

es sich jedoch meist nicht, wie in den Vorjahren, um einfache Käufe, sondern<br />

um Besitzwechsel, die infolge von Erbschaften und unterlassenen Rentenzahlungen<br />

erfolgten. Die Rückkehr zu geregelten Wirtschaftsverhältnissen gelang meist<br />

erst nach mehreren Jahren, wobei sich die Pest von 1350 besonders stark auf die<br />

Wirtschaft auswirkte. Die folgenden Pestepidemien wirkten sich ökonomisch mäßiger<br />

aus. Dies lag zum einen an der geringeren Sterblichkeit, zum anderen an<br />

rechtzeitig getroffenen Vorsichtsmaßnahmen, um Besitz und Gewinne zu sichern,<br />

so in Form von Testamenten, die im Fall eines plötzlichen Todes Rechtsunsicherheiten<br />

und Besitzgefährdung reduzierten. 79<br />

76 Ibs (1994), S. 150.<br />

77 Bulst (1993), Sp. 1916.<br />

78 Ibs (1994), S. 149.<br />

79 Peters (1939), S. 33 ff.; Ibs (1994), S. 149 ff.

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