Selbstlernmaterialien zu Modul 9 - Kita-Server Rheinland-Pfalz
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Sibylle Kobusinski<br />
Diese fünf Etappen des Spracherwerbs beziehen sich auf die ersten drei Lebensjahre. Sie stehen<br />
im Fokus der Betrachtung. Auch in den Folgejahren werden weitere Etappen im Spracherwerb<br />
vom Kind durchlaufen.<br />
3.1.1 Etappe 1: Alles auf Empfang<br />
Beginn des<br />
Spracherwerbs<br />
vor der Geburt<br />
Schon im dritten bis vierten Monat hat der Fötus ein funktionsfähiges Gehör ausgebildet. Er<br />
reagiert auf laute Umweltgeräusche. In stark abgedämpfter Form hört er die Sprache der Mutter.<br />
Er wird vertraut mit ihrem Klang, der Betonungscharakteristik und nimmt wahrscheinlich auch<br />
starke, mit Sprache verbundene Emotionen wahr.<br />
Experimente beweisen, dass Neugeborene sprachliche von nichtsprachlichen Lauten<br />
unterscheiden können. Sie werden besonders aufmerksam, wenn sie Sprache hören. Das hat<br />
sich in Messungen der Herzfrequenzen und Nuckelexperimenten herausgestellt. Das Nuckeln<br />
verstärkt bzw. verschnellert sich dabei beim Hören von Sprache. Die Sprache ihrer Mutter mit den<br />
für ihre Sprache typischen, bereits vertrauten Betonungsmustern rufen dabei die intensivsten<br />
Reaktionen hervor. Diese Mustererkennung macht es dem Kind später leicht, die typische<br />
Grammatik einer Sprache ohne Probleme <strong>zu</strong> lernen.<br />
Früh kann das Kind die Muttersprache von Fremdsprachen unterscheiden. Auch Lieder und<br />
Geräusche, die sie bereits pränatal vernommen haben, können wieder erkannt werden.<br />
Das Neugeborene ist in seiner Aufmerksamkeit so intensiv auf die Sprache fixiert, dass es<br />
wahrnimmt, ob die Sprache, die es hört, an es direkt gerichtet ist oder an einen Erwachsenen.<br />
Das prosodische Muster, die Stimmmelodie und der Rhythmus der Sprache unterscheidet sich in<br />
der an das Kind gerichteten Sprache (KGS oder auch motherese) von der<br />
Erwachsenensprache. Ferner realisiert es ob die Botschaft, die es hört, beruhigend,<br />
<strong>zu</strong>stimmend oder erregend ist. Was der erwachsene Partner konkret inhaltlich spricht, versteht<br />
das Kleinkind jedoch noch nicht, das konkrete Sprachverständnis erwirbt es erst viel später.<br />
Sensibilität für<br />
Lautkontraste<br />
Auf der Lautebene zeigt sich der Säugling als sehr kompetent. Bis <strong>zu</strong>m Alter von etwa sechs<br />
Monaten ist er in der Lage, alle Laute, die es in allen Sprachen gibt, voneinander <strong>zu</strong><br />
unterscheiden. Dies gelingt ihm, auch wenn er noch nicht in der Lage ist, diese entsprechend <strong>zu</strong><br />
produzieren. Im Alter von einem halben Jahr richtet das Kleinkind seine Aufmerksamkeit zentriert<br />
auf die Sprache, die es umgibt. Die Sensibilität für Lautkontraste, die in der Familiensprache nicht<br />
vorkommen, lässt nach.<br />
So ist es z.B. im Deutschen unerheblich für die Bedeutung eines Wortes, ob man den Laut /s/ mit<br />
der Zunge hinter den Zähnen oder mit der Zunge zwischen den Zähnen spricht, auch wenn sich<br />
dieses Lautieren unterschiedlich anhört. Die Bedeutung der Worte bleibt die gleiche. Dies gilt<br />
nicht für die englische Sprache. Die Wörter sing oder thing haben völlig unterschiedliche<br />
Bedeutung. Säuglinge, deren Familiensprache Englisch ist, müssen ihre<br />
Unterscheidungssensibilität für diese Laute beibehalten, damit für sie die Unterschiedlichkeit der<br />
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