Selbstlernmaterialien zu Modul 9 - Kita-Server Rheinland-Pfalz
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Susanne Kühn<br />
6.2.1 Standardsituationen<br />
Pflegesituationen<br />
als Schlüsselsituationen<br />
Standardsituationen mit 0- bis 3-Jährigen sind z.B. Essen, Wickeln und Schlafen. Auch andere<br />
Pflegesituationen wie Händewaschen und Zähneputzen gehören <strong>zu</strong> den täglich<br />
wiederkehrenden und daher vertrauten Situationen. Sie unterscheiden sich bei Babys und<br />
Ein- bis Dreijährigen: jedes Kind hat einen unterschiedlichen Grad an Selbstständigkeit und auch<br />
die Fähigkeit, selbsttätig an Gruppensituationen teil<strong>zu</strong>nehmen, wächst im Laufe der ersten drei<br />
Jahre. Gerade wegen der täglichen Wiederholung und der Intensität dieser<br />
Versorgungssituationen im Kindertagesstätten-Alltag, sollten sie als Schlüsselsituationen<br />
begriffen und so gestaltet werden, dass individuelle (sprachliche) Bildungsprozesse möglich<br />
sind.<br />
Wenn jedes Kind weitgehend Zeitpunkt und -dauer seiner Pflege bestimmen kann, bleibt für jedes<br />
Kind Zeit, sich in diesen Beziehungssituationen in denen es die besondere Aufmerksamkeit der<br />
Erzieherin bzw. des Erziehers hat, verbal und nonverbal mit<strong>zu</strong>teilen. Es kann in einen Dialog<br />
treten.<br />
Die pädagogische Fachkraft nutzt Rituale für die einzelnen Situationen, sie begleitet ihr<br />
Handeln sprachlich und verständigt sich über den Ablauf mit den Kindern. So werden die<br />
relevanten Worte stets wiederholt und bekommen langsam für die Kinder eine Bedeutung.<br />
Gleichzeitig schafft die Zweisamkeit - besonders die Wickelsituation ist so eine Situation<br />
ungeteilter Aufmerksamkeit - die Grundlage einer vertrauensvollen Beziehung. Hier kann ein Kind<br />
auch das Hin und Her der zwischenmenschlichen Kommunikation ausprobieren.<br />
Der pädagogischen Fachkraft helfen die Eins-<strong>zu</strong>-eins-Situationen, die sprachlichen Kompetenzen<br />
und Handlungen jedes Kindes <strong>zu</strong> beobachten und kennen <strong>zu</strong> lernen. Die Kinder machen in<br />
diesen Situationen vielfältige Erfahrungen mit Sprache und üben das soziale Miteinander.<br />
Die beziehungsvolle Pflege nach Emmi Pikler<br />
Emmy Pikler erkannte die Pflegesituation als bedeutsame Situation zwischen Kindern und<br />
Erwachsenen, die stets gestaltet werden muss. Alle Pflegerinnen im Kinderheim Lòczy<br />
lernten, achtungsvoll mit Kindern um<strong>zu</strong>gehen. Beziehungsvolle Pflege bedeutet, die<br />
Pflegezeit als „Qualitätszeit <strong>zu</strong> nutzen“, mit dem Kind Kontakt auf<strong>zu</strong>nehmen, mit ihm in eine<br />
innere Verbindung <strong>zu</strong> treten. Mit Worten, Blicken, Mimik und Gesten und Berührungen wird<br />
mit dem Kind ein Dialog geführt und ein Band der Aufmerksamkeit geknüpft. Dabei wird die<br />
Mitarbeit des Kindes angeregt („Jetzt reiche mir das rechte Händchen, damit ich es waschen<br />
kann.“) Alle Handlungen werden durch Sprache angekündigt und dem Kind bleibt Zeit, sich<br />
darauf ein<strong>zu</strong>lassen. Ziel ist, dass das Kind spürt, dass es als eigenständige Person nicht<br />
seiner Umwelt ausgeliefert ist, sondern mit ihr in Kontakt treten und damit die Beziehung<br />
mitgestalten kann.<br />
Pape (2008)<br />
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