Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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108<br />
Teleskope, Detektoren, Meßgeräte<br />
Energie von E ≥ 0.<br />
233 MeV nachweisen. Auf diese Weise erfaßt man Neutrinos, die hauptsächlich aus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Reaktion<br />
2 +<br />
p+ p → He + e + ν<br />
e<br />
stammen. Das sind immerhin r<strong>und</strong> 90% <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> Sonne emittierten Neutrinos. Aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> hohen<br />
Kosten <strong>de</strong>s quecksilberähnlichen Metalls Gallium können sich nur wenige Län<strong><strong>de</strong>r</strong> ein<br />
„Neutrinoteleskop“ auf Gallium-Basis leisten.<br />
Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten „Gallium-Teleskope“ ist in einem Autobahntunnel unterhalb <strong>de</strong>s Gran-Sasso-Massivs<br />
in <strong>de</strong>n italienischen Alpen aufgebaut wor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wird als GALLEX (= „GALLium-Experiment“)<br />
bezeichnet. In einem Seitentunnel mit <strong>de</strong>n Maßen 92x17x18 m befin<strong>de</strong>t sich ein 80000 Liter fassen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Tank, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit konzentrierter GaCl −HCl-Lösung<br />
gefüllt ist. Die Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Extraktion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
3<br />
entstehen<strong>de</strong>n radioaktiven Germanium-Atome entspricht in etwa <strong><strong>de</strong>r</strong> schon erläuterten Metho<strong>de</strong> zum<br />
Nachweis radioaktiven Argons aus <strong>de</strong>m C 2Cl 4 -Tank in <strong><strong>de</strong>r</strong> Homestake-Mine. Nur wird an Stelle von<br />
Helium Stickstoff verwen<strong>de</strong>t, um die entstehen<strong>de</strong>n GeCl4 -Moleküle aus <strong>de</strong>m Detektor auszuwaschen.<br />
Diese Moleküle wer<strong>de</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um in GeH 4 umgewan<strong>de</strong>lt, das als Zählgas verwen<strong>de</strong>t wird. Der<br />
eigentliche Nachweis erfolgt mit Hilfe von rauscharmen Proportionalzählrohren, mit <strong><strong>de</strong>r</strong>en Hilfe die<br />
Rückreaktion<br />
+<br />
Ge → Ga + e + ν beobachtet wird. Das Nachfolgeprojekt von GALLEX ist<br />
71 71<br />
e<br />
BOREXINO. Dieser Detektor dient in erster Linie <strong>de</strong>m Nachweis von solaren Neutrinos aus <strong>de</strong>m Be-<br />
Zweig <strong>de</strong>s pp-Zyklus (E=862 keV) <strong>und</strong> verwen<strong>de</strong>t dafür die Neutrino-Elektron-Streuung. Da zum<br />
Nachweis <strong><strong>de</strong>r</strong> dabei beschleunigten Elektronen organische Szintillatoren verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, sind<br />
Echtzeitmessungen bis zu Neutrino-Energien von ca. 450 keV möglich.<br />
Die überraschen<strong>de</strong> Beobachtung eines Defizits an Sonnenneutrinos (d.h. es wur<strong>de</strong>n weniger<br />
nachgewiesen als nach <strong>de</strong>m Standardmo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Sonne erwartet wur<strong>de</strong>), die mit diesen<br />
Neutrinoteleskopen gemessen wur<strong>de</strong>, beschäftigte Astronomen wie Physiker lange Zeit, bis es<br />
schließlich gelang, dieses „Sonnenneutrinoproblem“ durch <strong>de</strong>n experimentellen Nachweis <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
sogenannten Neutrinooszillationen zu erklären.<br />
Detektoranordnungen, die auf kernchemischen Prinzipien beruhen, können keine<br />
Richtungsinformationen <strong>und</strong> nur begrenzt Aussagen über die Energie <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>tektierten Neutrinos<br />
liefern. Sie erlauben damit lediglich eine integrale Messung <strong>de</strong>s Neutrinoflusses oberhalb einer durch<br />
das Detektormaterial festgelegten Energieschwelle.<br />
Um auch Richtungs- <strong>und</strong> Zeitinformationen zu erhalten (was ja für die Beobachtung von nichtsolaren<br />
Neutrinoquellen durchaus wichtig ist), muß ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Meßprinzip zur Anwendung kommen. Hierzu<br />
bietet sich die Neutrino-Elektronenstreuung an:<br />
ν<br />
− ' −'<br />
+ e →ν<br />
+ e<br />
Dabei wer<strong>de</strong>n die Elektronen so stark beschleunigt, daß sie innerhalb eines Kegels (<strong>de</strong>ssen<br />
Öffnungswinkel von <strong><strong>de</strong>r</strong> Energie <strong>de</strong>s Elektrons abhängt) Cerenkov-Strahlung emittieren, die mit<br />
empfindlichen Photomultipliern in Echtzeit registriert wer<strong>de</strong>n kann. In <strong>de</strong>m man diese Lichtblitze mit<br />
mehreren Geräten dieser Art verfolgt, können aus <strong>de</strong>n gemeinsamen Daten Richtungsinformationen