Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Teleskope, Detektoren, Meßgeräte<br />
In manchen Frequenzbän<strong><strong>de</strong>r</strong>n führen künstliche Strahlungsquellen zu massiven Beeinträchtigungen bei<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachtung kosmischer Radiostrahlungsquellen. Dazu gehören erd- <strong>und</strong> luftgestütztes Radar,<br />
Radio- <strong>und</strong> Fernsehsen<strong><strong>de</strong>r</strong>, Energieerzeugungs- <strong>und</strong> Verteilungsanlagen sowie künstliche Satelliten.<br />
Die Störungen entstehen hauptsächlich durch Interferenzen o<strong><strong>de</strong>r</strong> durch die starke Intensität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
künstlichen Strahlung. Man kann ihnen ausweichen, in <strong>de</strong>m man Radioteleskope in weniger<br />
industrialisierte Gebiete o<strong><strong>de</strong>r</strong> geschützt in Tal-Lagen (wie z.B. das 100-m Teleskop in Effelsberg bei<br />
Bonn) aufbaut. Manche, terrestrisch stark genutzte Frequenzbän<strong><strong>de</strong>r</strong> sind <strong>de</strong>shalb für die<br />
Radioastronomie sogar völlig unbrauchbar. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits stehen einige Frequenzbän<strong><strong>de</strong>r</strong> quasi unter<br />
Naturschutz <strong>und</strong> dürfen z.B. von Telekommunikationsanbietern nicht genutzt wer<strong>de</strong>n, weil sie wichtig<br />
für die astronomische Gr<strong>und</strong>lagenforschung sind. Welche Frequenzbän<strong><strong>de</strong>r</strong> das sind, wird regelmäßig<br />
auf internationalen Konferenzen festgelegt.<br />
Die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Radioastronomie begann eigentlich ganz unspektakulär mit einer<br />
Zufallsent<strong>de</strong>ckung. Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> dreißiger Jahre <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts bekam <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Radioingenieur KARL GUTHE JANSKY (1905-1950) von seinem Arbeitgeber, <strong><strong>de</strong>r</strong> Bell Phone<br />
Telefongesellschaft, <strong>de</strong>n Auftrag mit einer neuartigen Richtantenne Störsignale im Kurzwellenbereich<br />
zu untersuchen. Bei seinen ersten systematischen Untersuchungen im Jahre 1932 viel ihm auf, daß die<br />
gemessene Strahlungsintensität offenbar mit <strong><strong>de</strong>r</strong> täglichen Umdrehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> um ihre Achse<br />
korreliert ist. Das Maximum <strong><strong>de</strong>r</strong> Rauschsignale verschob sich nämlich täglich um ca. 4 Minuten<br />
woraus er logisch die Schlußfolgerung zog, daß die Rauschquelle außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> <strong>und</strong> sogar<br />
außerhalb <strong>de</strong>s Sonnensystems liegen mußte. Später konnte er das Gebiet um das galaktische Zentrum<br />
im Sternbild Schütze als Radioquelle i<strong>de</strong>ntifizieren. Seine Ent<strong>de</strong>ckung stieß jedoch zu jener Zeit auf<br />
kein großes Interesse unter <strong>de</strong>n Astronomen.<br />
Das än<strong><strong>de</strong>r</strong>te sich einige Jahre später, als <strong><strong>de</strong>r</strong> aus Chicago stammen<strong>de</strong> Radiopionier GROTE REBER<br />
(1911-2002) einen ersten „Radiospiegel“ mit einem Durchmesser von 9 Metern baute, mit <strong>de</strong>m er 1937<br />
begann aktiv Radioastronomie zu betreiben. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelang ihm 1938 bei<br />
einer Frequenz von 160 MHz die Messung <strong><strong>de</strong>r</strong> galaktischen Radiostrahlung, wodurch er die<br />
Ent<strong>de</strong>ckung JANSKYS bestätigte. In <strong>de</strong>n Folgejahren führte er mit seinem Radioteleskop eine erste<br />
Himmelsdurchmusterung durch, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Ergebnisse 1942 im renommierten „Astrophysical Journal“<br />
veröffentlicht wur<strong>de</strong>. Diese Arbeit war ohne Zweifel die Initialzündung für die quasi explosionsartige<br />
Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Radioastronomie nach Beendigung <strong>de</strong>s zweiten Weltkrieges. Die bei <strong><strong>de</strong>r</strong> militärischen<br />
Nutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Radiofrequenzstrahlung gesammelten Erfahrungen <strong>und</strong> die während <strong>de</strong>s Krieges forcierte<br />
Weiterentwicklung <strong>und</strong> ständige Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Empfängertechnik boten außer<strong>de</strong>m <strong>de</strong>nkbar<br />
günstige Voraussetzungen für die Entstehung dieses neuen Zweiges <strong><strong>de</strong>r</strong> beobachten<strong>de</strong>n <strong>Astronomie</strong>.<br />
Die Radiostrahlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sonne wur<strong>de</strong> übrigens von britischen Radaringenieuren noch während <strong>de</strong>s<br />
zweiten Weltkrieges ent<strong>de</strong>ckt.<br />
En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> vierziger sowie in <strong>de</strong>n fünfziger <strong>und</strong> Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> sechziger Jahren <strong>de</strong>s vergangenen<br />
Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts entstan<strong>de</strong>n eine ganze Anzahl von Radioobservatorien wie z.B. Jodrell Bank (Cheshire,<br />
England, gegrün<strong>de</strong>t 1945 durch Sir BERNARD LOVELL), Parkes (Australien) mit seinem 64-m<br />
Radiospiegel (1961) <strong>und</strong> das Arecibo-Radioobservatorium auf Puerto Rico mit seinem fest in einen<br />
natürlichen Talkessel eingebauten 305 m Radiospiegel (1963).