Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Teleskope, Detektoren, Meßgeräte<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Himmelskugel überstrichen. Auf diese Weise erreicht man eine zeitliche Modulation <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
sogenannten Visibilität, die als Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Messung über zumeist mehrere Tage o<strong><strong>de</strong>r</strong> Wochen<br />
aufgezeichnet wird (hier geht implizit die Annahme mit ein, daß sich innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Meßzeit die<br />
Intensität <strong><strong>de</strong>r</strong> Quelle nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur sehr wenig än<strong><strong>de</strong>r</strong>t). Mit Hilfe einer zweidimensionalen Fourier-<br />
Transformation läßt sich daraus eine hochaufgelöste Abbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Radioquelle am Himmel<br />
rekonstruieren die um so besser ist, je mehr Radioteleskope in Form eines Arrays an <strong>de</strong>n Messungen<br />
beteiligt sind. Verwen<strong>de</strong>t man z.B. zwei Radioteleskope, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Entfernung 5 km beträgt, <strong>und</strong><br />
beobachtet man bei einer Wellenlänge von 2 cm, dann erreicht man ein Auflösungsvermögen von ca. 1<br />
Bogensek<strong>und</strong>e. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis wer<strong>de</strong>n jedoch oft weit mehr als zwei Radioteleskope für <strong><strong>de</strong>r</strong>artige<br />
Messungen eingesetzt. Das „Very Large Array“ (VLA) in New Mexico / USA besteht z.B. aus 27<br />
Parabolantennen mit einem Durchmesser von 25 Meter, die eine Y-artige Struktur aus drei Armen von<br />
jeweils 21 Kilometer Länge bil<strong>de</strong>n. Da sich die Teleskope auf Schienen befin<strong>de</strong>n, können ihre<br />
Abstän<strong>de</strong> leicht verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. Abhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachtungswellenlänge erreicht man mit dieser<br />
Anlage eine Winkelauflösung von ausge<strong>de</strong>hnten Radioquellen zwischen 0.04 (43 GHz) <strong>und</strong> ca. 2<br />
Bogensek<strong>und</strong>en.<br />
Für die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aperture-Synthese-Technik haben übrigens MARTIN RYLE (1918-1984) <strong>und</strong><br />
ANTONY HEWISH 1974 (Letzterer insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e für die Ent<strong>de</strong>ckung <strong><strong>de</strong>r</strong> Pulsare) <strong>de</strong>n Nobelpreis<br />
erhalten.<br />
Very Long Baseline Interferometry (VLBI)<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Interferometrie ist es notwendig, die Signale <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Teleskope phasengenau zur<br />
Überlagerung zu bringen. Die technische Realisierung dieser For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung ist verständlicherweise mit<br />
vielen Schwierigkeiten verb<strong>und</strong>en. Einzelne, voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht zu weit entfernte Teleskope lassen sich<br />
ja noch recht einfach verkabeln o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Signale über eine direkte Funkstrecke übertragen. Versucht<br />
man jedoch Radioteleskope, die Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>te, ja sogar Tausen<strong>de</strong> Kilometer voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> entfernt sind, zu<br />
verbin<strong>de</strong>n, dann sind Kabel aus vielerlei Grün<strong>de</strong>n völlig unbrauchbar. Aber mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung<br />
äußerst genauer, von <strong><strong>de</strong>r</strong> Erdrotation unabhängiger <strong>und</strong> je<strong><strong>de</strong>r</strong>zeit reproduzierbarer Zeitstandards in<br />
Form von Atomuhren eröffnete sich ein völlig an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weg, die Signale unterschiedlicher<br />
Radioteleskope, welche alle gleichzeitig eine kosmische Radioquelle beobachten, zu synchronisieren.<br />
Die Gr<strong>und</strong>i<strong>de</strong>e besteht darin, nicht nur die Meßwerte aufzuzeichnen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie auch noch zusätzlich<br />
mit präzisen Zeitmarken zu versehen. Für die Speicherung verwen<strong>de</strong>t man häufig Magnetbän<strong><strong>de</strong>r</strong>, auf<br />
welche die Signale <strong><strong>de</strong>r</strong> Radioquelle, nach<strong>de</strong>m sie nach <strong>de</strong>m Heterodyn-Prinzip auf eine niedrigere<br />
Zwischenfrequenz transformiert wur<strong>de</strong>n, aufgezeichnet wer<strong>de</strong>n. Auf einer Parallelspur wer<strong>de</strong>n<br />
synchron zu diesem Nutzsignal in gleichmäßigen Abstän<strong>de</strong>n die von einer Atomuhr stammen<strong>de</strong>n<br />
Zeitimpulse gespeichert. Wenn man gewährleistet, daß die Atomuhren (meistens Wasserstoff-Maser)<br />
bei <strong>de</strong>n einzelnen Radioteleskopen <strong>de</strong>s Arrays mit einer relativen Genauigkeit von besser als<br />
synchronisiert sind, dann kann man nachträglich die Bandaufzeichnungen simultan ablaufen lassen <strong>und</strong><br />
im Labor (genauer mit Hilfe eines leistungsfähigen Computers, <strong>de</strong>m Korrelator) das Interferenzsignal<br />
erzeugen. Auf diese Weise lassen sich im Prinzip alle geeigneten Radioteleskope weltweit miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zu einem riesigen, interkontinentalen Interferometer zusammenschalten. Wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> dabei erreichten<br />
Basislängen von z.T. mehreren Tausend Kilometern nennt man dieses Verfahren „very-long baseline<br />
interferometry“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> kurz VLBI.<br />
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