Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Teleskope, Detektoren, Meßgeräte<br />
Für praktische astrophysikalische Aufgabenstellungen sind nicht nur die Energieverteilung <strong>und</strong> die<br />
ungefähre Position einer Gammastrahlungsquelle interessant. Man möchte die Quellen dieser<br />
hochenergetischen Strahlung möglichst direkt mit bekannten Objekten, die z.B. auch in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Spektralbereichen Abson<strong><strong>de</strong>r</strong>lichkeiten aufweisen, i<strong>de</strong>ntifizieren. Eine I<strong>de</strong>ntifikation erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t aber eine<br />
präzise Ortsbestimmung. Wie bereits erwähnt, sind alle sonst in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Astronomie</strong> verwen<strong>de</strong>ten<br />
Abbildungssysteme (wie z.B. Spiegel- <strong>und</strong> Linsensysteme) im Energiebereich oberhalb von 10 keV<br />
unbrauchbar. Es gibt zwar Versuche mit sogenannten Bragg-Reflektoren, die aber alle noch im<br />
Experimentierstadium sind. Man hat <strong>de</strong>shalb an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Metho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Instrumente entwickelt, um das<br />
Winkelauflösungsvermögen von Gammastrahlungs<strong>de</strong>tektoren zu verbessern. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Lösung, wie<br />
sie im Gammastrahlenteleskop COMPTEL realisiert ist, sind das spezielle Kollimatorblen<strong>de</strong>n sowie<br />
codierte Masken.<br />
Ein Kollimator dient dazu, das Gesichtsfeld einer Detektoranordnung soweit einzuschränken, daß nur<br />
die innerhalb eines kleinen Raumwinkelbereichs α einfallen<strong>de</strong> Gammastrahlung <strong>de</strong>n eigentlichen<br />
Detektor erreicht. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis verwen<strong>de</strong>t man beispielsweise honigwabenförmig angeordnete<br />
„Röhren“ aus einem Gammastrahlung absorbieren<strong>de</strong>n Material, die vor einer Detektorfläche (z.B.<br />
einem NaI-Kristall) angeordnet wer<strong>de</strong>n. Das Verhältnis Durchmesser zu Höhe einer Röhre bestimmt<br />
<strong>de</strong>n Winkel α <strong>und</strong> damit das effektive Gesichtsfeld. Ein prinzipieller Nachteil eines solchen Detektors<br />
besteht darin, daß zwei unterschiedliche Gammastrahlungsquellen, die innerhalb <strong>de</strong>s Gesichtsfel<strong>de</strong>s<br />
liegen, räumlich nicht getrennt wer<strong>de</strong>n können. Die logische Weiterentwicklung eines „starren“<br />
Kollimatorsystems stellen die sogenannten Modulationskollimatoren dar. Bei ihnen verwen<strong>de</strong>t man<br />
zwei Gitteranordnungen, die in einem bestimmten Abstand über <strong><strong>de</strong>r</strong> eigentlichen Detektorfläche<br />
befestigt sind. Das obere Gitter wirft dabei einen „Schatten“ auf das untere Gitter. Man nutzt dabei aus,<br />
daß Strahlung, die nicht genau achsenparallel eintritt, durch das untere Gitter teilweise abgeschirmt<br />
wird. Bewegt man die Detektoranordnung langsam über <strong>de</strong>n Himmel, dann erhält man von <strong>de</strong>n dabei<br />
überstrichenen Strahlungsquellen ein „moduliertes“ Signal, aus <strong>de</strong>m die Richtungsinformation<br />
senkrecht zur Gitterausrichtung extrahiert wer<strong>de</strong>n kann. Um die genaue Position einer<br />
Gammastrahlungsquelle zu erhalten, sind <strong>de</strong>shalb mehrere „Scans“ mit unterschiedlicher<br />
Gitterausrichtung notwendig (man kann die Anordnung auch während eines Meßzyklus um die<br />
Symmetrieachse <strong><strong>de</strong>r</strong> Detektoranordnung rotieren lassen, wodurch ein sogenannter<br />
Rotationsmodulationskollimator entsteht).<br />
Das Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> „Abschattung“ verwen<strong>de</strong>t man auch bei Gammastrahlenteleskopen mit codierter<br />
Maske. Das europäische Gammastrahlenobservatorium „INTEGRAL“ ist z.B. mit einem <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen<br />
Teleskop ausgestattet. Eine codierte Maske ist eine Art von Scheibe, die aus einem komplizierten<br />
Muster aus strahlungsdurchlässigen <strong>und</strong> strahlungs<strong>und</strong>urchlässigen „Pixeln“ besteht. Dieses<br />
Pixelmuster wird bei Strahlungseinfall in Form eines „Schattens“ auf die Detektorfläche (die logisch<br />
auch in „Pixel“ aufgeteilt ist), projiziert. Über ein kompliziertes mathematisches Verfahren<br />
(Autokorrelation) kann aus <strong>de</strong>n Signalen <strong><strong>de</strong>r</strong> Detektorfläche <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Struktur <strong><strong>de</strong>r</strong> codierten Maske ein<br />
zweidimensionales Abbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Gammastrahlungsquelle am Himmel abgeleitet wer<strong>de</strong>n. Auf diese<br />
Weise lassen sich <strong>de</strong>shalb auch diffuse Strahlungsquellen beobachten <strong>und</strong> ihre Struktur ermitteln. Im<br />
Vergleich zu einem Compton-Teleskop erweisen sich das große Gesichtsfeld, das gute<br />
Auflösungsvermögen von Punkt- <strong>und</strong> Flächenquellen sowie die bessere spektrale Auflösung als<br />
Vorteile.