Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Radioastronomie<br />
Zwei feststehen<strong>de</strong> Radioteleskope A <strong>und</strong> B, die um d (<strong><strong>de</strong>r</strong> Basislänge) voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> entfernt sind, sollen<br />
ein <strong>und</strong> dieselbe Punktquelle beobachten. Fällt die als eben angenommene Wellenfront schräg, d.h. bei<br />
einer Zenitdistanz Θ ein, dann erreicht sie zuerst das Radioteleskop A <strong>und</strong> τ d Sek<strong>und</strong>en später das<br />
Radioteleskop B. Dieser Zeitunterschied ist <strong><strong>de</strong>r</strong> größeren Lauflänge L (<strong>de</strong>m Gangunterschied)<br />
geschul<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n das Signal auf <strong>de</strong>m Weg zu B zusätzlich zurücklegen muß. Aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Erdrotation<br />
än<strong><strong>de</strong>r</strong>t sich L dauernd, wodurch – sobald man bei<strong>de</strong> Eingangssignale in einem Korrelator überlagert –<br />
sich je nach Phasenlage Verstärkung <strong>und</strong> Auslöschung periodisch wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen. Trifft z.B. bei A eine<br />
Wellenfront <strong>und</strong> bei B ein Wellental ein, dann erfolgt <strong>de</strong>struktive Interferenz <strong>und</strong> das korrelierte Signal<br />
wird ausgelöscht. Trifft dagegen bei B auch eine Wellenfront ein, dann kommt es zu einer<br />
Signalverstärkung (konstruktive Interferenz). Befin<strong>de</strong>t sich die Radioquelle genau über <strong>de</strong>m<br />
Mittelpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Gr<strong>und</strong>linie <strong>de</strong>s Interferometers, dann läuft das korrelierte Signal vom Maximum zum<br />
Minimum sobald sich die Wellenlängendifferenz um λ / 2 än<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Offensichtlich muß sich dazu die<br />
Radioquelle am Himmel um <strong>de</strong>n Winkel λ /d weiterbewegt haben. Was man am Ausgang <strong>de</strong>s<br />
Korrelators beobachtet, sind <strong>de</strong>mnach nichts an<strong><strong>de</strong>r</strong>es als gewöhnliche Interferenzstreifen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
„Winkelabstand“ <strong>de</strong>m Auflösungsvermögen einer Antenne mit <strong>de</strong>m Durchmesser d entspricht.<br />
Ein Defizit dieser einfachen Anordnung ist jedoch, daß - wenn das Interferometer ein maximales<br />
Signal liefert - zwar klar ist, daß die Weglängendifferenz ein ganzzahliges Vielfaches <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Beobachtungswellenlänge ist. Man weiß aber nicht, wie viele Wellenlängen das konkret sind. O<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>s ausgedrückt, aus einem <strong>de</strong>tektierten Maximum kann man nicht ad hoc <strong>de</strong>n Ort <strong><strong>de</strong>r</strong> Punktquelle<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Auflösung <strong>de</strong>s Interferometers bestimmen. Das wird erst möglich, wenn weitere Radioteleskope<br />
mit unterschiedlicher Basislänge eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Man gelangt dann zur sogenannten Synthese-<br />
Interferometrie. Die I<strong>de</strong>e besteht darin, daß mehrere zusammengeschaltete Radioteleskope genau dann<br />
alle gleichzeitig ein maximales Signal liefern, wenn sich die Radioquelle genau über <strong>de</strong>m Mittelpunkt<br />
aller Gr<strong>und</strong>linien <strong>de</strong>s Interferometers befin<strong>de</strong>t. Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, daß sich die<br />
Ortsbestimmung von ausge<strong>de</strong>hnten Radioquellen (die gewissermaßen vom Interferometer aufgelöst<br />
wer<strong>de</strong>n) schwieriger gestaltet. Mit vielen verschie<strong>de</strong>nen Basislängen ist aber eine Feinuntersuchung bis<br />
hin zur mathematischen Bildrekonstruktion (Apertur-Synthese) mit sehr hoher räumlicher Auflösung<br />
möglich.<br />
Erdrotations-Synthese<br />
Bei diesem Verfahren, welches am Mullard Radio-<strong>Astronomie</strong>-Observatorium in Cambridge<br />
(England) entwickelt wur<strong>de</strong>, reichen im Prinzip zwei Teleskope mit einem festen Abstand aus, die<br />
möglichst in Ost-West-Richtung angeordnet sein sollten. Diese bei<strong>de</strong>n Antennen bewegen sich<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Erdrotation am Tag einmal – von außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> betrachtet – auf einen Kreis, wobei<br />
von <strong><strong>de</strong>r</strong> Radioquelle aus gesehen stets nur die Projektion <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbindungslinie <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n<br />
Radioteleskope zu sehen ist. Sie ist offensichtlich am größten, wenn die Radioquelle genau senkrecht<br />
über d steht <strong>und</strong> wird 0, wenn die bei<strong>de</strong>n Teleskope in bezug auf die Radioquelle eine Linie bil<strong>de</strong>n.<br />
Das be<strong>de</strong>utet, das allein durch die Rotation <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> die Größe τ d (die Zeitverzögerung <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n<br />
Signale, die <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Wellenfront entsprechen) einen kontinuierlichen Wertebereich durchläuft.<br />
O<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>s ausgedrückt: Denkt man sich einen Radiospiegel als „raumfest“, dann scheint <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
im Laufe eines Tages um ihn herumzuwan<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Innerhalb von 12 St<strong>und</strong>en wird <strong>de</strong>mnach ein „Ring“ an<br />
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