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Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de

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20<br />

Teleskope, Detektoren, Meßgeräte<br />

Kompensation mechanischer <strong>und</strong> optischer Unzulänglichkeiten eines<br />

Teleskops<br />

Großteleskope haben nicht nur mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Luftunruhe am Beobachtungsort zu kämpfen. Thermische <strong>und</strong><br />

gravitative Verformungen <strong><strong>de</strong>r</strong> oft mehrere Tonnen wiegen<strong>de</strong>n Hauptspiegel müssen genauso<br />

kompensiert wer<strong>de</strong>n wie Biegungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Montierung.<br />

Um eine stabile Oberflächenform eines Spiegels trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Temperaturschwankungen während einer<br />

Beobachtungsnacht zu gewährleisten, verwen<strong>de</strong>t man als Spiegelmaterial fast ausschließlich spezielle<br />

Glaskeramiken. Ihr thermischer Aus<strong>de</strong>hnungskoeffizient liegt im Gegensatz zum normalen Kronglas<br />

nahe bei Null. Ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s beliebtes Spiegelmaterial für astronomische Teleskope ist unter <strong>de</strong>m<br />

−6<br />

−1<br />

Markennamen Zerodur bekannt ( α ≈ 0 ± 0.<br />

05⋅10<br />

K ). Ein ähnliches Material – aber für einen ganz<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Verwendungszweck ausgelegt – nennt man Sital.<br />

Aktive Optik<br />

Das Gewichtsproblem <strong><strong>de</strong>r</strong> Spiegel löst man, in <strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Spiegelträger verhältnismäßig dünn<br />

auslegt, mit Bohrungen versieht o<strong><strong>de</strong>r</strong> ihm eine wabenartige Struktur gibt. Durch die Bohrungen läßt<br />

sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Spiegel mit Hilfe von Aktuatoren abstützen <strong>und</strong> – was das Wesentliche ist – seine Form<br />

kontrollieren. Auf diese Weise lassen sich Verformungen aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Eigengewichts sowie eventuell<br />

vorhan<strong>de</strong>ne Restfehler <strong><strong>de</strong>r</strong> Optik „aktiv“ ausgleichen. Beim „New Technology Telescope“ (NTT) <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ESO sind es insgesamt 75 Aktuatoren, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Druck auf <strong>de</strong>n Spiegel von einem Computer ständig <strong>de</strong>n<br />

thermischen <strong>und</strong> mechanischen Gegebenheiten angepaßt wird. Ähnlich wie bei <strong><strong>de</strong>r</strong> adaptiven Optik<br />

erhält er seine Informationen von einem speziellen Sensor <strong><strong>de</strong>r</strong> ständig überprüft, ob das Bildscheibchen<br />

<strong>de</strong>s Nachführsterns kreisr<strong>und</strong> bleibt. Wenn das nicht mehr <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall ist, wer<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Grad <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Deformation Korrektursignale berechnet, die über die Aktuatoren die Form <strong>de</strong>s Spiegels entsprechend<br />

korrigieren. Mit dieser Metho<strong>de</strong>, die man als „Aktive Optik“ bezeichnet, können nie<strong><strong>de</strong>r</strong>frequente<br />

Störeinflüsse wie Verbiegungen, thermisch <strong>und</strong> mechanisch bedingte Bildfehler sowie in gewissen<br />

Grenzen eine ungenaue Nachführung ausgeglichen wer<strong>de</strong>n. Für hochfrequente Störungen – verursacht<br />

durch das Seeing – ist dagegen die „Adaptive Optik“ zuständig.<br />

Die hochpräzise Steuerung einzelner Spiegelsegmente wie z.B. bei <strong>de</strong>n Keck-Teleskopen auf <strong>de</strong>m<br />

Mauna Kea in Hawaii erfolgt im Prinzip nach <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Methodik. Der ca. 10 m große Hauptspiegel<br />

besteht aus jeweils 36, 1.8 m großen hexagonalen Spiegelsegmenten (Gesamtgewicht ca. 14 t). Die<br />

technische Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung war, die einzelnen Teilspiegel so zu steuern, daß sie das Licht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

kosmischen Objekte über eine Beobachtungsnacht hinweg in einen gemeinsamen Brennpunkt<br />

vereinigen. Insgesamt sind über die gesamte Spiegelfläche 168 Sensoren verteilt, welche die jeweils<br />

momentane Lage <strong><strong>de</strong>r</strong> Spiegelsegmente ermitteln. 108 Aktuatoren dienen <strong><strong>de</strong>r</strong> präzisen Ausrichtung <strong>und</strong><br />

Formgebung. Das Zusammenspiel zwischen Sensoren <strong>und</strong> Aktuatoren gewährleistet ein schneller<br />

Computer mit einem zwar simplen, aber leistungsfähigen Programm, welches ungefähr 100-mal pro<br />

Sek<strong>und</strong>e (!) die Lage <strong><strong>de</strong>r</strong> Spiegelsegmente bestimmt <strong>und</strong> gegebenenfalls korrigiert.<br />

Es ist müßig zu sagen, daß alle neuen Riesenteleskope mit aktiver Optik ausgestattet sind.

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