Geschäftsbericht 2008 (PDF/2 MB) - Knappschaft-Bahn-See
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32 Rentenversicherung<br />
Entscheidungen des<br />
Bundessozial gerichts<br />
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hatte<br />
in einem Urteil vom 16. Mai 2006 entschieden,<br />
dass die Erwerbsminderungsrente vor Vollendung<br />
des 60. Lebensjahres ohne Minderung<br />
des Zugangsfaktors zu leisten ist, da es<br />
gesetz- und verfassungswidrig sei, Erwerbsminderungsrenten<br />
für Bezugszeiträume<br />
vor Vollendung des 60. Lebensjahres mit<br />
einem dauerhaften Rentenabschlag von 10,8<br />
Prozent wegen vorzeitiger Inanspruchnahme<br />
zu belegen. Erst für Bezugszeiträume nach<br />
Vollendung des 60. Lebensjahres sollten die<br />
Rentenabschläge vorgenommen werden.<br />
Die Fachgremien der Deutschen Rentenversicherung<br />
hatten daraufhin beschlossen, dem<br />
Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus<br />
nicht zu folgen und weitere Musterverfahren<br />
zu führen, um die nach ihrer Auffassung<br />
in dem Urteil bestehenden Widersprüche und<br />
Fehlinterpretationen aufzuklären. Eines der<br />
Musterverfahren wurde von der KBS durchgeführt.<br />
Am 14. August <strong>2008</strong> hat der 5. Senat des<br />
Bundessozialgerichts in vier Musterprozessen<br />
entschieden, dass die von den Rentenversicherungsträgern<br />
einheitlich gemäß § 77<br />
Abs. 2 SGB VI vorgenommene Kürzung des<br />
Zugangsfaktors bei Gewährung einer Erwerbsminderungs-<br />
bzw. Hinterbliebenenrente vor<br />
Vollendung des 60. Lebensjahres bzw. bei<br />
Versterben des Versicherten vor Vollendung<br />
des 60. Lebensjahres rechtmäßig ist. Der<br />
Senat hat deutlich gemacht, dass die Kürzung<br />
des Zugangsfaktors vom einfachen Gesetz<br />
gedeckt ist. Hierfür sprechen sowohl Wortlaut<br />
und systematische Stellung des § 77<br />
SGB VI als auch Sinn und Zweck,<br />
systematischer Gesamtzusammenhang und<br />
Entstehungsgeschichte der Norm.<br />
Des Weiteren bestehen nach Auffassung des<br />
Senats auch keine verfassungsrechtlichen<br />
Bedenken gegen die Abschläge. Insbesondere<br />
seien die finanziellen Einbußen der Erwerbsminderungsrentner<br />
wegen der gleichzeitig<br />
eingeführten vollen Berücksichtigung der<br />
Zurechnungszeit zwischen dem 55. und 60.<br />
Lebensjahr zumutbar.<br />
Die erneute Entscheidung eines anderen<br />
Senats des Bundessozialgerichts zu dem<br />
Thema war nur möglich, weil der 4. Senat,<br />
der ursprünglich im Mai 2006 abweichend<br />
entschieden hatte, nicht mehr für Fragen des<br />
Rentenrechts zuständig ist und der 13. Senat,<br />
der die Sachgebiete vom 4. Senat übernommen<br />
hat, aufgrund einer Anfrage des nunmehr<br />
zuständigen 5. Senates mit Beschlüssen<br />
vom 26. Juni <strong>2008</strong> erklärt hat, dass er an der<br />
Rechtsauffassung des 4. Senats nicht festhält<br />
und eine Absenkung des Zugangsfaktors<br />
vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten für<br />
zulässig hält.<br />
Gegen die Entscheidungen des Bundessozialgerichts<br />
vom 14. August <strong>2008</strong> wurden Verfassungsbeschwerden<br />
beim Bundesverfassungsgericht<br />
eingelegt. Aus diesem Grund werden<br />
Widersprüche und Überprüfungsanträge bei<br />
den Rentenversicherungsträgern weiterhin<br />
ruhend gestellt. Erst nach Abschluss des<br />
Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht<br />
werden die Fälle wieder aufgegriffen.