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Mit dem Schicksal lebenDieter Z<strong>im</strong>mer und Petra Hörig <strong>im</strong> GesprächModeration Jan FeddersenDieter Z<strong>im</strong>mer, Journalist:Mein Vater war Polizeioffizier, er hatte den Beruf mit preußischer Gründlichkeitgelernt. Nach 1933 wurde ihm von einem SS-Mann ein alter Aktenvermerkaus dem Jahre 1931 unter <strong>die</strong> Nase gehalten. Darin stand, er habebei Straßenkämpfen in Berlin einen SA-Mann erschossen. Das war nichtbewiesen, nur behauptet, und <strong>die</strong> Ermittlungen waren ergebnislos eingestelltworden. Zwar warfen sie meinen Vater nicht hinaus, aber sie ließenihn nun nicht mehr aus den Augen. Mein Vater hatte mit <strong>die</strong>sem Vorwurf zuleben.Später, 1941 als Reichswehroffizier wurde mein Vater verhaftet und vorsKriegsgericht gestellt. Untergebene hatten ihn wegen Homosexualität angezeigtund sagten gegen ihn aus. Er wurde verurteilt und kam in das LagerEsterwegen. Es war ursprünglich eines der ersten Konzentrationslager desDritten Reichs, später Straflager der Wehrmacht. Im August 1942 wurde erzusammen mit etwa 1100 Gefangenen aus verschiedenen Straflagern <strong>im</strong>Emsland nach Nordnorwegen verfrachtet. Die Gefangenen mussten zunächstin einem Arbeitslager Unterkünfte für sich selbst bauen, dann untermiserabelsten und brutalsten Bedingungen Straßen zur sowjetischen Grenzefür <strong>die</strong> Wehrmacht anlegen und von Schnee und Eis freihalten. MeinVater hat das nicht überlebt, er ist nach zwei Monaten <strong>im</strong> Alter von 36 Jahrengestorben, offiziell an der Ruhr. Aber <strong>die</strong> Brutalitäten, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>senLagern an der Tagesordnung waren, haben sicherlich dazu beigetragen.Ich habe einen seiner Kameraden in Leipzig ausfindig gemacht, der ihngekannt hat, der als Deserteur da oben einsaß. Er hat mir berichtet, wiebrutal <strong>die</strong> Menschen dort behandelt wurden und wie er meinen Vater beerdigthat. Das ist in aller Kürze <strong>die</strong> Geschichte.Petra Hörig:Mein Vater Horst Hörig, Jahrgang 1914, ist 1961 gestorben, da war ich elfJahre alt. Er hat sich umgebracht und es gab <strong>im</strong>mer wieder Geschichtenum ihn herum. Vor zwei Jahren, meine Mutter lebte damals schon nichtmehr, habe ich gesagt, jetzt möchte ich mal wissen, was eigentlich mit meinemVater los war. Über verschiedene Umwege bin ich dann an einenStrafregisterauszug gekommen, wo er 1936 oder 1937 verurteilt worden istnach § 175. Bei meinen Recherchen habe ich dann herausgefunden, dasser von Mai bis September 1944 als Homosexueller <strong>im</strong> K-Block <strong>im</strong> KZ Sachsenhauseneingesessen hat.Jan Feddersen: War Ihnen das peinlich, einen solchen Vater zu haben?Wie ich das gelesen habe, bin ich erschrocken und habe gedacht: O Gott,mit dem haben <strong>die</strong> SS-ler den Fußboden gewischt. Ich war erschrocken,aber geschämt habe ich mich nicht.127

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