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Tausende Jahre zu tun, <strong>die</strong>se unendliche, unglaubliche Geschichte zuerzählen, <strong>die</strong> da passiert ist.Ich bin nicht der Ansicht, wir sollten <strong>die</strong>s tun, um zu verhindern, dass soetwas wieder geschieht. Als Historiker bin ich nicht der Meinung, dass historischeKonstellationen <strong>im</strong> Verhältnis 1 zu 1 wiederkehren. Ich glaubenicht, dass Denkmale, und seien sie noch so gelungen, an der moralischenKondition einer Gesellschaft, <strong>die</strong> ins Rutschen gerät, etwas ändern können.Nein, ich meine, dass schon um der Ehre derjenigen willen, <strong>die</strong> da geschädigt,zu Tode gekommen, gequält worden sind, gedacht werden muss. Dasist <strong>die</strong> alte europäische Haltung, <strong>die</strong> nicht pädagogisch ist, sondern voneiner Art Gerechtigkeit ausgeht: Diejenigen, <strong>die</strong> leben, schulden denenetwas, <strong>die</strong> nicht mehr leben können. Mag sein, dass das irrational ist, oderzu christlich, ich habe es ganz bewusst als meine persönliche Haltung undnicht <strong>die</strong> des Parlamentes deklariert.In <strong>die</strong>sem Sinne kann man wünschen, dass Kunst vermag, was alleBücher, alle pädagogischen Curricula nur begrenzt vermögen, nämlich dauerhaftzu sein. Man sollte sich also den Kopf so lange zerbrechen, bis manüberzeugt ist, das Entworfene habe, wenn auch nicht Ewigkeitswert, sodoch Dauer und Bestand und es sei konsensfähig unter denen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>seDinge so ernst nehmen, wie sie genommen werden müssen.Kunst entzieht sich der Anwendung. Sie will, wenn sie bedeutende Kunstist, niemanden mit dem Zeigefinger zu einer richtigen Haltung verlocken.Da ist es schwierig, <strong>die</strong> Balance zu finden zwischen der Rätselhaftigkeitund Vieldeutigkeit des großen Kunstwerks und dem Sachverhalt, an denhier erinnert werden soll.Berlin ist <strong>die</strong> Stadt, in der früher, intensiver, leidenschaftlicher als an jedemanderen Ort in der Bundesrepublik um <strong>die</strong> Frage gestritten worden ist,wie viel an Raum, an Planstellen, an bedrucktem Papier, an behauenemStein wir dem unglaublichen Geschehen schulden, das da – eigentlich erstkurz – hinter uns liegt. In Berlin waren es in der Regel Bürger und Bürgerinnen,<strong>die</strong> <strong>die</strong>se Prozesse initiiert haben. Der Volkssouverän, <strong>die</strong> Parlamente,<strong>die</strong> Finanzminister mussten erst mit einem moralischen Anstoß dahin gebrachtwerden, dass sie <strong>die</strong>se Bemühen als vernünftig anerkannten. DassBerlin hier vorbildlich geworden ist, nicht nur für den Rest der Republik,sondern auch für viele andere Länder, das stellt den Berlinern und Berlinerinnenein sehr gutes Zeugnis aus.Schließlich noch eine Bitte: Bei manchen der hinter uns liegenden Diskurseist <strong>die</strong> Lust am Diskutieren und der Kampf der Meinungen mit aller Leidenschaftlichkeitausgetragen worden, manchmal aber, wie ich meine, mitzu viel Leidenschaft. Das Thema ist zu ernst, als dass wir nicht Konsenssuchen sollten, als dass wir denen, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Diskurs um ästhetische Fragen,um Beschriftungsfragen, um Fragen der D<strong>im</strong>ensionen anderer Meinungsind, unterstellen, sie würden irren oder hätten gar Destruktives <strong>im</strong> Sinn.Ich finde gerade auf <strong>die</strong>sem Feld sollten wir einander <strong>die</strong> Ehre lassen undunterstellen, dass <strong>die</strong> oder der andere es in der Sache genauso gut meint,wie man selbst.Es ist vollkommen richtig, wenn nach der Errichtung <strong>die</strong>ses Denkmals andereOpfergruppen, wie es bei uns so merkwürdig heißt, weitere Denkmalebauen wollen. Erinnerung wird nicht komman<strong>die</strong>rt. Erinnerung ist, wie man<strong>im</strong> süddeutschen Alpenraum sehen kann, wo an jeder Ecke ein Marterl, ein35

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