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Mit dem Neubau staatlicher Denkmäler wird ein <strong>im</strong> Prinzip veraltetes Konzeptdes 19. Jahrhunderts wiederbelebt: Denkmäler mit pädagogischemAnspruch werden ‚von oben’ in den öffentlichen Raum <strong>im</strong>plantiert, sollen<strong>die</strong> Raumkontrolle und <strong>die</strong> Diskursherrschaft des Staates oder maßgeblicherpolitischer Gruppen dokumentieren. Während <strong>die</strong> politische Aufgabedes Denkmals fast gleichgeblieben ist, hat sich <strong>die</strong> Formensprache radikalgeändert. Figurative Darstellungen in naturalistischer oder expressiver Traditionsind verschwunden. (Eines der letzten traditionellen Denkmäler <strong>im</strong>Westen war Richard Scheibes Denkmal von 1953 für <strong>die</strong> Opfer des 20. Juli;<strong>im</strong> geschützten Raum der DDR hielt sich <strong>die</strong> figürliche Kunst natürlich bis1989, weil sie Staatsdoktrin war.) Es dominierten seit den 1960er Jahrenabstrakte Entwürfe bis hin zu ‚unsichtbaren Denkmälern’ und Denkmälern,<strong>die</strong> den Prozeß des Erinnerns thematisieren und ästhetisieren. Diese Arbeitennutzten vor allem das Raumgefühl als Bedeutungsträger. So z. B.Jochen und Esther Gerz’ versinkende Säule in Harburg, Rachel WhitereadsBibliothekshohlraumkörper in Wien, Micha Ullmans unterirdischer Bibliotheksraumin Berlin. Moderne Denkmäler erzählen nicht mehr mit Reliefsund Figuren, ihre Ungegenständlichkeit soll vielmehr den Interpretationsrahmenfür den mündigen Betrachter erweitern, sie wollen ‚innere Bilder’und selbstständige Reflexion hervorrufen, den Betrachter förmlich dazuzwingen, weil sie ohne Reflexion demonstrativ stumm bleiben.Denkmalsbau als soziales Konfliktfeld. Zu den Erwartungen und Interessender verschiedenen sozialen Gruppen, <strong>die</strong> am Denkmalsbau beteiligt sindZunächst <strong>die</strong> Interessen der Künstler und Künstlerinnen, <strong>die</strong> am klarstenzu beschreiben sind. Sie erwarten einen fairen, offenen und transparentenWettbewerb, sie erwarten <strong>die</strong> Möglichkeit zu freien Entwürfen. Jeder Teilnehmer,jede Teilnehmerin möchte natürlich den Wettbewerb gewinnen underhofft sich dadurch Prestige, Einnahmen, öffentliche Aufmerksamkeit undFolgeaufträge.Kunstwissenschaftler und -kritiker erwarten von den Wettbewerbsteilnehmerndurchdachte, intellektuell und ästhetisch überzeugende Entwürfe aufder diskursiven Höhe der Zeit. Sie wollen einen Sieger oder eine Siegerin,<strong>die</strong> sie besingen können.Staat und Verwaltung wünschen sich ein Denkmal, das repräsentativ ist,das dem Ansehen des Landes und der Stadt förderlich ist. Ein Denkmal,das sich als weitere Attraktion der Stadt zielgruppengerecht vermarktenläßt. Sie wünschen sich ein Denkmal, das Konsens stiftet, das sich in <strong>die</strong>urbane Umgebung einfügt. Derzeit entsteht <strong>im</strong> Tiergarten ein ganzer Komplexvon Denkmälern für <strong>die</strong> verschiedenen Opfergruppen des <strong>Nationalsozialismus</strong>,dessen Erweiterung in Zukunft denkbar ist: Denkmäler für Katholiken,Gewerkschaftler, Bibelforscher, sog. Asoziale, Zwangsarbeiter u. v. a.könnten hinzukommen.Am Ort der früheren Siegesallee, an dem sich <strong>die</strong> kurzlebige Idee einerpositivistischen „Allee der Demokraten“ (eine Idee u. a. von Peter Strieder<strong>im</strong> Sommer 2003) nicht durchsetzen konnte, könnte nun eine „Allee derOpfer“ entstehen. Einige Meilensteine sind schon gesetzt: Denkmal fürZigeuner-Sinti / Roma, Holocaustmahnmal, sowjetisches Ehrenmal mit Grä-139

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