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Jan Feddersen: Wie war das damals für <strong>die</strong> Angehörigen ihres Vaters? Ihnpraktisch als Rosa-Winkel-Häftling zu wissen, jemand der nach damaligerAuffassung aus unehrenhaften Gründen unter den Nazis gelitten hat.Dazu kann ich wenig sagen, ich habe einen „Halbcousin“ – seine Mutterist eine Halbschwester meines Vaters – der hat mir gesagt, dass <strong>die</strong> Familiedas gewusst habe. Aber mehr habe ich auch von ihm nicht erfahren.Meine Mutter hat <strong>die</strong> Familie meines Vaters völlig negiert und auch nachseinem Selbstmord ist über meinen Vater nicht geredet worden.Jan Feddersen: Herr Z<strong>im</strong>mer, wie kam es, dass Sie plötzlich wussten, meinVater war womöglich ganz anders als <strong>die</strong> anderen Väter?Dieter Z<strong>im</strong>mer:Ach, zunächst wurde natürlich wie in den meisten derartigen Familienauch in unserer überhaupt nicht darüber gesprochen. Ich bin 1939 geboren,ich habe erfahren, sobald ich es ein bisschen verstand, dein Papa ist gefallen,er ist <strong>im</strong> Krieg geblieben. Na ja, das war ja damals üblich, in meinerSchulklasse waren es vielleicht ein Drittel bis ein Viertel der Klassenkameraden,<strong>die</strong> auch keinen Vater mehr hatten, und mit <strong>die</strong>ser Auskunft habe ichmich zufrieden gegeben. Ich hatte keinen Grund nachzuforschen, ob esirgendwie anders sei. Ich war schon relativ alt, um <strong>die</strong> 30, als eines Tagesmein Onkel, also sein Bruder, mir sagte, pass mal auf, <strong>die</strong> Geschichte mitdeinem Vater, <strong>die</strong> ist völlig anders gewesen, das muss ich dir jetzt einfachmal erzählen, es wird höchste Zeit. Das hatte sich bislang natürlich keinergetraut. Mich hat das natürlich zunächst einmal schockiert. Klar, es ist einigeJahrzehnte her, man dachte damals noch ein bisschen anders, hattenicht <strong>die</strong> Toleranz von heute. Das hat aber nicht lange gedauert, es hatmich nachher viel mehr interessiert, ob denn der Tod meines Vaters, seineZugrunderichtung muss man es ja nennen, vielleicht politische Hintergründegehabt hat.Ich gehöre zu den Menschen in Deutschland, <strong>die</strong> das Glück haben, einenVater gehabt zu haben, von dem sie 100-prozentig wissen, dass er keinNazi war, sondern <strong>die</strong>se braune Brut tödlich gehasst hat. Dann habe ichmich gefragt, ist das ein Vorwand gewesen, den man gesucht hat, um ihnzu verurteilen. Doch musste man <strong>im</strong> Dritten Reich einen Vorwand haben,um einen politisch missliebigen Offizier zur Strecke zu bringen? Also nein,das funktioniert so nicht, er war offensichtlich bisexuell.Ich habe keine großen Probleme damit gehabt. Probleme hatte – und hatbis heute – meine Mutter damit, <strong>die</strong> sich natürlich betrogen fühlte, <strong>die</strong> überhauptkein Verständnis dafür hatte, dass er seine Familie mit hineingerissenhat. Denn nach seinem Tode wurde sie damals aufgefordert, <strong>die</strong> zurückliegendenfünf Monate seines Soldes zurückzubezahlen. Ja, wovon sollteman leben? Sie hat gesagt: „Ich hab’ ein kleines Kind, das muss ich dochernähren“ und der Mensch auf <strong>die</strong>ser Behörde hat wortwörtlich geantwortet:„Auf solchen Nachwuchs legt der Führer keinen Wert, Sie können ihn ja an<strong>die</strong> Wand klatschen“.Diese Vorkommnisse haben sie außerordentlich belastet und sie hat auchgestern wieder gesagt: „Ach, musst du denn jetzt da hingehen“ und „<strong>im</strong>mer129

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