10.07.2015 Aufrufe

Download PDF - Gedenkort für die im Nationalsozialismus ...

Download PDF - Gedenkort für die im Nationalsozialismus ...

Download PDF - Gedenkort für die im Nationalsozialismus ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Die Debatten zur Rehabilitierung und Entschädigung der einzelnen NS-Opfergruppen waren davon gekennzeichnet, dass man das Ausmaß desUnrechts, <strong>die</strong> Dramatik, <strong>die</strong> Zahl und <strong>die</strong> Größe der betroffenen Gruppennicht wahrhaben wollte. Die Einsicht in <strong>die</strong>se Fakten war ein Prozess, dersich über Jahrzehnte hinzog. Auch <strong>die</strong> heute gemeinhin anerkannten Opfergruppenwaren in den Anfängen der Bundesrepublik Deutschland nicht alsVerfolgte akzeptiert. Die Sinti und Roma etwa mussten Jahrzehnte darumkämpfen, dass man sie – wie <strong>die</strong> Juden – als rassisch Verfolgte anerkannteund ihnen damit den Zugang zu Entschädigungsregelungen eröffnete. Diesgeschah aber erst, als <strong>die</strong> Fristen für Neuanträge schon längst abgelaufenwaren, so dass sie in ihrer übergroßen Zahl nurmehr nach eigens geschaffenenHärtefonds-Regelungen zu <strong>die</strong>sen Gesetzen entschädigt werden.Wehrmachtsdeserteure und Homosexuelle wurden von den Rehabilitierungsmaßnahmendes NS-Unrechtsaufhebungsgesetzes, das in der Wahlperiode1994 – 1998 beschlossen wurde, nicht eindeutig rehabilitiert, sondernallenfalls vom Gesetz „gestreift“. Die Aufhebung der gegen sie ergangenenUnrechtsurteile konnten Homosexuelle danach nur auf dem Weg derEinzelfallprüfung bei der Staatsanwaltschaft betreiben. Erst <strong>im</strong> Jahr 2002hat der Bundestag zumindest <strong>die</strong> bis 1945 gefällten Urteile gegen Wehrmachtsdeserteureund gegen alle 175-er gänzlich aufgehoben.Obgleich es für Verfassungsrechtler ein großes Problem darstellt, ineinem Rechtsstaat gefällte Urteile aufzuheben, ist es wichtig, dass wir über<strong>die</strong> Kontinuität der Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland – undauch in der DDR – nicht hinweggehen, sondern feststellen: Der DeutscheBundestag ist ein Verfassungsorgan mit Geschichte. Wir, <strong>die</strong> Mitglieder <strong>die</strong>sesVerfassungsorgans, haben daher ein politisches Signal gesetzt und uns2000 offiziell in einer Entschließung bei den homosexuellen Bürgern dafürentschuldigt, dass sie unter den falschen gesetzgeberischen Entscheidungendes Bundestages in der Bundesrepublik Deutschland gelitten haben.Ich halte <strong>die</strong>sen Schritt für richtig und wichtig, aber er war <strong>im</strong> Vorfeld hochumstritten, wie auch der Beschluss über das Homosexuellendenkmal umstrittenwar. Die CDU / CSU hat sich bis zum Schluss gegen das Denkmalgewandt, ihren Widerstand allerdings geschickt in der Forderung nacheinem Gesamtkonzept verpackt. Das war natürlich verlogen, denn derDeutsche Bundestag hatte bereits <strong>die</strong> Entscheidung für das Denkmal für<strong>die</strong> ermordeten Juden Europas getroffen und damit gegen ein Denkmal füralle Opfer des <strong>Nationalsozialismus</strong> votiert. Wobei <strong>die</strong> Stiftung Denkmal für<strong>die</strong> ermordeten Juden Europas sozusagen den Auftrag erhielt, in ihrem Beiratzu beraten, wie der anderen Opfergruppen in geeigneter Weise gedachtwerden kann.Weil Gedenken und Erinnern Prozesse sind, hatten wir uns gerade nichtdazu entschieden, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, nach einem „Denkmal-Fünfjahresplan“einen <strong>Gedenkort</strong> nach dem anderen einzurichten undso das Gedenken in absehbarer Zeit abzuschließen. Die weitere Diskussionhat dann dazu geführt, dass – natürlich auch aufgrund der gesellschaftlichenInitiativen – für <strong>die</strong> Sinti und Roma und später für <strong>die</strong> verfolgtenund ermordeten Homosexuellen ein Denkmal beschlossen wurde, ohnedamit über <strong>die</strong> Erinnerung an <strong>die</strong> anderen Opfergruppen zu entscheiden.Der Erinnerungsprozess ist noch nicht zu Ende; wir müssen abwarten, wieer verläuft.39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!