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Zweitens würden <strong>die</strong> emotionalen Umgangsformen zwischen Frauen eineeindeutige Abgrenzung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten erschweren.Die Feststellung des Tatbestandes bei Frauen sei deshalb kaumeinwandfrei möglich.Und drittens schien aufgrund der untergeordneten Stellung von Frauen <strong>im</strong>NS-Staat weibliche Homosexualität das öffentliche Leben nicht ernsthaft zubedrohen. Im Gegensatz dazu wurde homosexuellen Männern unterstellt,sie würden einen oppositionellen „Staat <strong>im</strong> Staate“ bilden und darüber hinaus<strong>die</strong> rigiden Geschlechtsnormen, auf denen der NS-Staat basierte,unterminieren.Die Kr<strong>im</strong>inalisierungsbefürworterDennoch gab es einige Juristen, <strong>die</strong> bei <strong>die</strong>sen Debatten <strong>die</strong> Kr<strong>im</strong>inalisierunglesbischer Frauen forderten. Bekannt ist heute vor allem der Jurist undSS-Scharführer Rudolf Klare, dessen Doktorarbeit „Homosexualität undStrafrecht“ 1937 erschien. Weibliche Homosexualität sei mindestens ebensostark verbreitet und berge „<strong>die</strong> gleichen Gefahren für <strong>die</strong> völkische Gemeinschaft(...) in sich“ wie <strong>die</strong> männliche, da sie zur „Rassenentartung“und damit zum Untergang des deutschen Volkes führe: „Der Grund für <strong>die</strong>Bestrafung lesbischen Verkehrs soll <strong>die</strong> (...) Umkehrung des natürlichenEmpfindens der Frau, ihre dadurch verursachte Entfremdung von ihrer natürlichenBest<strong>im</strong>mung als Gattin und Mutter und <strong>die</strong> wiederum dadurch bedingteVerfälschung und Schädigung des völkischen Lebens sein.“ 4Klare verwies dabei auf <strong>die</strong> Situation in Österreich, 5 wo auch lesbischeLiebe verfolgt wurde – allerdings längst nicht intensiv genug, wie er fand. Inder Tat bedrohte §129 des österreichischen StGB seit 1804 <strong>die</strong> so genannte„Unzucht mit einer Person desselben Geschlechts“ mit Zuchthaus von 1-5 Jahren. Dieses Gesetz betraf also auch Frauen.Auch nach der Annexion Österreichs <strong>im</strong> März 1938 wurde <strong>die</strong>ser §129gegen Frauen angewandt, denn das österreichische StGB blieb in seinenGrundzügen vorläufig weiter in Kraft, es wurde jedoch um <strong>die</strong> entsprechenden„Rassegesetze“ etc. ergänzt. Dies führte zu der paradoxen Situation,dass weibliche Homosexualität in Österreich – <strong>im</strong> Gegensatz zum sog. Altreich– strafrechtlich verfolgt wurde. Die Zahl der Verurteilten stieg auchhier rapide an: allein in Wien wurden zwischen 1938 – 1943 über 1100 Männersowie 66 Frauen nach §129 verurteilt. (Die Gesamtzahl der Verurteilungenin Österreich ist bis heute nicht bekannt.)Die Gefahr, wegen „Unzucht“ angeklagt zu werden, war also für Männersehr viel größer als für Frauen. Zum einen suchten Männer ihre Partnerhäufig in Parks oder Bädern, was zu vielen Denunziationen führte. Die vonFrauen begangenen sexuellen Handlungen spielten sich dagegen meist <strong>im</strong>häuslichen Bereich ab, was größeren Schutz bot.Diese unterschiedliche Intensität der strafrechtlichen Verfolgung in dersog. Ostmark ist symptomatisch für das geschlechtsspezifische Vorgehender Nationalsozialisten in punkto Homosexualität. Dies ist vor allem auf denunterschiedlichen Stellenwert von Frauen und Männern <strong>im</strong> Dritten Reichzurückzuführen, in dem alle einflussreichen Positionen in Partei und Staatmit Männern besetzt waren. Die vielfältigen Kontrollmechanismen gegenü-61

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