Jahresbericht 2011 - Presse - Kunsthistorisches Museum Wien
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detailgenauen Analyse, da hier der große<br />
einfluss der Graphiken Hopfers auf die süddeutsche<br />
Kunst die Feststellung der eigenhändigkeit<br />
erheblich erschwert. im rahmen<br />
des Projektes wurde bereits eine große Zahl<br />
verzierter Harnische studiert, die mit Daniel<br />
Hopfer in Verbindung zu bringen sind. Die<br />
erkenntnisse dieser Untersuchung – zahlreiche<br />
Zu- und Abschreibungen sowie einige<br />
Hilfestellungen für die Datierung der Graphiken<br />
Hopfers – werden in Form eines umfassenden<br />
Artikels im Jahrbuch des Kunsthistorischen<br />
<strong>Museum</strong>s <strong>Wien</strong> veröffentlicht<br />
werden.<br />
restaurIerwerkstätten<br />
Seit den Wintermonaten 2010/11 entstanden<br />
in der restaurierwerkstätte der Hofjagd- und<br />
rüstkammer in Zusammenarbeit mit den<br />
Bildhauern Bernhard ortner und Johannes<br />
Falkeis als markanteste Projekte fünf neue,<br />
farbig gefasste, figurale Ausstellungsbehelfe<br />
zur Präsentation von rüstungen: zwei reiterkörper<br />
für Turnierrüstungen aus dem Besitz<br />
von König Philipp dem Schönen und erzherzog<br />
Sigmund von Tirol, zwei reiterfiguren<br />
mit Porträtköpfen erzherzog Ferdinands ii.<br />
von Tirol, eine davon für die sogenannte<br />
Mailänder rüstung A785, die andere für die<br />
Deutsche rüstung A787, weiters ein stehender<br />
Jüngling für die romanische rüstung<br />
A783 mit einem jugendlichen Porträtkopf<br />
Ferdinands ii. Diese neuen Behelfsfiguren<br />
stellen für die Sammlung lang erhoffte<br />
ästhetische und technische Verbesserungen<br />
dar. Sie erfüllen unsere konservatorischen<br />
Vorgaben und eignen sich vorzüglich zur<br />
Verschickung der rüstungen als Leihgaben.<br />
Um ihre Handhabung und anfallende Montagen<br />
vor allem auf reisen zu erleichtern,<br />
bestehen sie aus einzelteilen. Die nach der<br />
natur geschnitzten Unterkörper bringt man<br />
gesondert in Position. Darauf senkt man von<br />
oben herab den bereits mit der rüstung bekleideten,<br />
einfacher geformten oberkörper<br />
mit angeschraubten Armen und Händen.<br />
Die zusammengesetzten Puppen sitzen als<br />
reiter von Gewicht und Form her voll kommen<br />
austariert und sicher im Sattel, sie benötigen<br />
keine weitere Befestigung. in Gestaltungsdetails<br />
hielt man sich bei den Puppen<br />
für die rüstungen Ferdinands ii. an zeitgenössische<br />
Vorlagen: bei der Puppe für die<br />
Mailänder rüstung an das Blatt iV des handschriftlichen<br />
Bildinventars der 3. Ambraser<br />
rüstkammer inv.-nr. KK 5250 von 1580,<br />
das erzherzog Ferdinand ii. zu Pferde zeigt,<br />
angetan mit eben der Mailänder rüstung<br />
(inv.-nr. A785), die selbst aus dem Jahr 1559<br />
stammt. Die reiterfigur für Ferdinands sogenannte<br />
Deutsche rüstung (inv.-nr. A787,<br />
1555–1560) folgt in ihrer Kostümierung<br />
dem Bild GG 8049, Erzherzog Ferdinand II.<br />
im Löwenkopfharnisch. Der Porträtkopf des<br />
Jünglings im Kettenhemd der romanischen<br />
offene Sturmhaube des Konrad von Bemelberg (1494–1567),<br />
Valentin Siebenbürger (erw. 1531–1564), nürnberg, um 1540,<br />
inv.-nr. A 376<br />
sammlungen khm<br />
rüstung folgt vor allem dem Gemälde GG<br />
5947, Erzherzog Ferdinand als 19-Jähriger<br />
von 1548, also gleichzeitig mit jener rüstung.<br />
– Die beiden Turnierreiter schließlich<br />
fanden ihre Vorbilder in Kaiser Maximilians<br />
zeitgleicher Turnier-Handschrift Freydal.<br />
Für den stehenden Jüngling der romanischen<br />
rüstung Ferdinands (inv.-nr. A783,<br />
1545–1550) wurde seine Körperform durch<br />
genaues Vermessen und Anprobieren des<br />
für den jungen erzherzog ja maßgefertigten<br />
all’antica-Kettenhemdes und der Schuhe<br />
erarbeitet, die die tonangebenden Teile der<br />
rüstung darstellen. im Gegensatz zu den reiterfiguren<br />
mit ihren festen Harnischteilen als<br />
richtgrößen musste hier der Körper des Jünglings<br />
sozusagen fließenden Formen – rieselndem<br />
Panzergeflecht – angepasst werden.<br />
Die <strong>2011</strong> erarbeiteten Trägerfigurinen stellen<br />
weitere Schritte in der reihe der neuadaptierungen<br />
unserer rüstungen dar, die wir seit<br />
einigen Jahren entwickeln. Die rüstkammer<br />
verfügt über eine große Zahl an figuralen<br />
Ausstellungsbehelfen, die meist aus dem<br />
20. Jahrhundert übernommen wurden, leider<br />
fast durchgehend in nach Verbesserung rufender<br />
und künstlerisch gesehen schlechter<br />
Qualität. Da sie nicht durch abstrakte Behelfe<br />
ersetzt werden sollen, nahmen wir an diesen<br />
alten Figurinen immer größere Korrekturen<br />
vor, um die Harnische ästhetisch und konservatorisch<br />
würdiger zu präsentieren. Korrekturen<br />
allein befriedigen jedoch nur selten.<br />
Küriss für Feld und Turnier des Andreas Graf Sonnenberg<br />
(ermordet 1511), Kolman Helmschmid (1471–1532),<br />
Augsburg, um 1505/10, inv.-nr. A 310<br />
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