"Schnellert" (Commune de Berdorf) - Musée national d'histoire ...
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R. Gerend, F. Köhler, C. Braunert Käfer – coléoptères - Coleoptera<br />
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beschränken sollen. Wie in an<strong>de</strong>ren Staaten<br />
auch besteht ein Hauptziel dieser Nutzungsaufgabe<br />
darin, Lebensraum für Tier-, Pflanzen<br />
und Pilzarten zu schaffen, die in herkömmlichen<br />
Wirtschaftswäl<strong>de</strong>rn kein Auskommen mehr<br />
fin<strong>de</strong>n und in weiten Teilen ihres ehemaligen<br />
Verbreitungsgebietes bereits ausgestorben sind.<br />
Aufgabe <strong>de</strong>r Forschung ist es, die zukünftige<br />
Entwicklung <strong>de</strong>r Organismenbestän<strong>de</strong> in diesen<br />
neu geschaffenen, großflächigen Schutzgebieten<br />
genau zu verfolgen. Wesentliche Voraussetzung<br />
dazu ist eine gewissenhafte und zeitige Erfassung<br />
<strong>de</strong>s Ist-Zustands <strong>de</strong>r Fauna dieser Gebiete, da nur<br />
so das Beschreiben und Analysieren von Verän<strong>de</strong>rungen<br />
möglich sein wird und Sinn macht.<br />
Urwäl<strong>de</strong>r zeichnen sich unter an<strong>de</strong>rem durch ihr<br />
großes Angebot an Totholz jeglicher Dimension,<br />
<strong>de</strong>ssen langfristige Ansammlung und, beson<strong>de</strong>rs<br />
wichtig, eine ungebrochene Totholztradition<br />
gegenüber herkömmlichen Wirtschaftswäl<strong>de</strong>rn<br />
aus (Scherzinger, 1996, Köhler, 1998). Die Habitatvielfalt<br />
wird durch <strong>de</strong>n jeweiligen Zustand <strong>de</strong>s<br />
Totholzes, sein Volumen, seine Exposition, seine<br />
Lage usw. noch zusätzlich erhöht. Zu<strong>de</strong>m fin<strong>de</strong>n<br />
sich in Urwäl<strong>de</strong>rn, aber auch in sehr extensiv<br />
bewirtschafteten Altwäl<strong>de</strong>rn ("old-growth forests"),<br />
Bäume hohen Alters, teils lebend, teils absterbend,<br />
die eine Vielfalt an Habitaten zur Verfügung<br />
stellen. Derartig alte, langsam absterben<strong>de</strong> Bäume<br />
stellen über Jahrzehnte eine im Wirtschaftswald<br />
zumeist völlig verschwun<strong>de</strong>ne Ressource für die<br />
Besiedlung durch Pilze und Tiere dar.<br />
Beson<strong>de</strong>rs xylobionte Käfer sind in natürlichen<br />
o<strong>de</strong>r sehr naturnahen Wäl<strong>de</strong>rn in hoher Artenzahl<br />
vertreten. Köhler (2000b) führt für Deutschland<br />
1371 an Totholz gebun<strong>de</strong>ne Arten an, von <strong>de</strong>nen<br />
mittlerweile 59% in einer <strong>de</strong>r Rote Liste-Kategorien<br />
geführt wer<strong>de</strong>n. Er weist dabei auf <strong>de</strong>n hohen<br />
Spezialisierungsgrad <strong>de</strong>r meisten Arten hin, die als<br />
Struktur- und Milieuspezialisten in <strong>de</strong>r Lage sind,<br />
die zahlreichen Mikrohabitate <strong>de</strong>s Urwal<strong>de</strong>s zu<br />
nutzen. Die Vernichtung urwaldähnlicher Wäl<strong>de</strong>r<br />
durch konsequente forstwirtschaftliche Nutzung<br />
und falsch verstan<strong>de</strong>ne Waldhygiene muss daher<br />
als "massiver Habitatentzug" (Köhler, 2000b) für<br />
die xylobionte Käferfauna gewertet wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Begriff "xylobiont" <strong>de</strong>ckt neben <strong>de</strong>n direkt<br />
von <strong>de</strong>r toten Holzmasse leben<strong>de</strong>n Käfern auch<br />
solche Arten ab, die im Zuge <strong>de</strong>s natürlichen<br />
Zersetzungsprozesses unter sich lösen<strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>,<br />
im Mulm von Stammhöhlungen und an <strong>de</strong>n sich<br />
entwickeln<strong>de</strong>n Pilzen leben. Hinzu kommen die<br />
auf diese Arten und an<strong>de</strong>re xylobionte Tiere spezialisierten<br />
Prädatoren, die Nutzer von Saftflüssen,<br />
sowie die Besiedler von Hymenopteren- und<br />
Vogelnestern, wie sie sich in Höhlungen und<br />
Ausfaulungen <strong>de</strong>r Altbäume fin<strong>de</strong>n. Dabei ist<br />
zu berücksichtigen, dass die mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
enge Habitatbindung <strong>de</strong>r Arten über die ökologischen<br />
Ansprüche <strong>de</strong>r Larven <strong>de</strong>finiert wird,<br />
die aufgrund ihrer geringen Mobilität obligat an<br />
bestimmte Faktorenkomplexe gebun<strong>de</strong>n sind.<br />
Dieser Definition nach Köhler (2000b) wird bei<br />
<strong>de</strong>r ökologischen Analyse <strong>de</strong>s Artenspektrums in<br />
dieser Arbeit konsequent gefolgt.<br />
Die große Zahl von Struktur- und Milieuspezialisten<br />
erlaubt bei <strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r Artenspektren<br />
eine differenzieren<strong>de</strong> Darstellung, die<br />
es u.a. ermöglicht, das Ressourcen-Angebot <strong>de</strong>s<br />
Waldgebietes im Hinblick auf seine Totholzfauna<br />
<strong>de</strong>utlich zu charakterisieren und Hinweise auf<br />
Naturnähe und Totholztradition zu liefern. Aus<br />
Abb. 1: Totholzaspekt im "Schnellert".<br />
(Foto R. Gerend)<br />
Ferrantia • 50 / 2007