Christoph Pfister Die Entstehung der Jahrzahl 1291 - Dillum
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letzte Etappe auf dem Weg <strong>der</strong> Emanzipation von <strong>der</strong> Gründungssage<br />
zurück 1 . Vulliemin wi<strong>der</strong>spricht damit dem in seinem Vorwort ausgedrückten<br />
Wunsch, auch <strong>der</strong> Tradition und Legende einen Platz<br />
einzuräumen.<br />
Vulliemins Behandlung <strong>der</strong> eidgenössischen Gründungssage zeigt<br />
exemplarisch den Unterschied zu Daguets schweizergeschichtlichem<br />
Hauptwerk: Der Erstere ist letztlich immer noch <strong>der</strong> großartigen<br />
Geschichtsschil<strong>der</strong>ung von Johannes von Müller verhaftet. Es<br />
spielt <strong>der</strong> alte Zauber, <strong>der</strong> immer noch mit Vereinfachungen auf Kosten<br />
<strong>der</strong> Genauigkeit wirkt 2 .<br />
Im Unterschied zu Daguet enthält Vulliemins Werk keine Anmerkungen.<br />
Doch ist eine wenigstens mittelbare Beeinflussung des Letzteren<br />
vom ersten anzunehmen. Daguet hat in jungen Jahren viel mit<br />
Vulliemin korrespondiert 3 . – Und das schweizergeschichtliche Alterswerk<br />
des Waadtlän<strong>der</strong> Historikers beginnt wie bei Daguet mit<br />
den Pfahlbauern, hört aber schon 1848 auf.<br />
Zusammenfassend kann über die Welschschweizer Historiker in ihrer<br />
Betrachtung <strong>der</strong> eidgenössischen Gründungsgeschichte und ihre<br />
Verwandtschaft mit Daguet gesagt werden:<br />
Jene Geschichtsschreiber haben die Diskussion und Argumentation<br />
– beson<strong>der</strong>s zu nennen sind Hisely, Rilliet und Vaucher – teilweise<br />
schon sehr weit getrieben. Daguet hat dies übernommen. Aber die<br />
Deutschschweiz wird sich erst im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t in ähnlich detaillierter<br />
Weise mit <strong>der</strong> eidgenössischen Gründungsgeschichte o<strong>der</strong><br />
Gründungslegende befassen. Ebenso wurde die Tell-Betrachtung –<br />
etwa bei Hisely – schon fast in skurille und absurde Sphären getrieben.<br />
Hätte die Deutschschweiz die Welschschweizer Historiker schon Ende<br />
des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts mehr gewürdigt, wäre offenkundig geworden,<br />
daß die eidgenössische Bundesgründung mehr eine Diskussion<br />
um Legenden, denn um eine reale Geschichte ist.<br />
Auffällig ist ferner, daß alle hier gewürdigten Welschschweizer Historiker<br />
keinen Bezug nehmen zu Daguet, obwohl sie ihn kannten. - Ab-<br />
1 Kreis Georg: Mythos <strong>1291</strong>, 66<br />
2 Feller/Bonjour (1979), II, 593<br />
3 In <strong>der</strong> Empfängerkorrespondenz von Daguet sind 39 Briefe von Vulliemin<br />
aus den Jahren 1837 – 1847 erhalten (Fonds Alexandre Daguet, in: Fonds<br />
Pierre Favarger (Archives de l’Etat de Neuchâtel).