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[PDF] Bevor hitler kam

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wie: „Ein Christ ist ganz und gar Passivus, der nur leidet; ein Christ soll<br />

nichts in der Welt haben noch wissen, sondern ihm genügen lassen an<br />

dem Schatz im Himmel . . . Der Christ muß sich, ohne den geringsten<br />

Widerstand zu versuchen, geduldig schinden und drücken lassen.<br />

Weltliche Dinge gehen ihn nichts an; er läßt vielmehr rauben, nehmen,<br />

drücken, schinden, schaben, pressen und toben, wer da will, denn er ist<br />

ein Märtyrer auf Erden!" Luther war für das Anwachsen der Staatsmacht<br />

in Deutschland weitgehend mit verantwortlich, denn er machte die<br />

Fürsten auch zu Seelenfürsten, indem er sie als Landesbischöfe seiner<br />

Kirche wirken ließ. Das kommt in seinem Traktat von 1523 „Über die<br />

weltliche Autorität" klar zum Ausdruck und wird von dem Historiker<br />

Heinrich von Treitschke mit dem Lobe versehen: „Luther sprach den<br />

großen Gedanken aus, daß der Staat an sich eine sittliche Ordnung sei. .<br />

. hierin liegt sein größtes politisches Verdienst". Dabei gab der<br />

Reformator als Sohn des ausgehenden Mittelalters in seiner ganzen<br />

mönchischen Lebensfremdheit dem neuen Glauben allem Politischen<br />

gegenüber eine zwangs-staatskirchliche Organisation, in dem er ihn<br />

unter den Schutz der Landesfürsten stellte. So begründete er ihre Herrschaft<br />

religiös und befahl den Untertanen unter Berufung auf den<br />

Apostel Paulus und das Neue Testament, zu gehorchen, da jede<br />

Obrigkeit von Gott sei. Der von ihm gerade aus der politisch-religiösen<br />

Vormundtschaft des römischen Papstes befreite Christ sieht sich erneut<br />

und in doppelter Weise untertänig gemacht: nämlich Gott und dem<br />

Fürsten. Vor allem Norddeutschland fällt nun unter eine monarchische,<br />

patriarchalisch-autoritäre Staatsordnung. Sie ist, wie Luthers ganze<br />

politische und soziale Einstellung, durchaus noch mittelalterlich. Er löst<br />

das Dogma vom göttlichen Beruf der Kirche zur Weltherrschaft auf,<br />

ebenso das von der religiösen Autorität der kirchlichen Rechtsordnung.<br />

Er stellt für das religiöse Bewußtsein die Souveränität der weltlichen<br />

Gewalt außer Zweifel und erweist jeden Versuch der Kirchen, norm-<br />

oder gesetzgebend in das politische und soziale Leben einzugreifen, als<br />

irreligiös. Andererseits befreit er aber auch die weltliche Obrigkeit und<br />

das weltliche Recht von der Vorstellung der Autorität und der<br />

Vormundschaft durch den Bibelbuchstaben. Mit aller Energie tritt er für<br />

eine Erweiterung der staatlichen Aufgaben auf Kosten der Kirche ein: er<br />

fordert die Errichtung von Schulen und Bibliotheken, strenge Gesetze<br />

gegen den Wucher, Fürsorge für die Armen, Witwen und Waisen, eine<br />

Verbesserung der Volkswohlfahrt, verschärfte Polizeiaufsicht über die<br />

Bürger, vor allem gegen deren Müßiggang, Völlerei,<br />

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