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[PDF] Bevor hitler kam

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die Presse auf die Gnadentod-Aktion aufmerksam machte, mit welchem<br />

während des Dritten Reiches seit Kriegsbeginn die Heil-, Siechen- und<br />

Irrenanstalten von ihren Patienten geräumt wurden. Über 100 00 Opfer<br />

haben dran glauben müssen — eine sicher erschreckend hohe Zahl, die<br />

angesichts der Problematik der Euthanasie bedenklich stimmt. Außer in<br />

Deutschland ist die Gnadentod-Aktion auch nirgends sonst in der Welt<br />

gesetzlich eingeführt worden. Lennox hat sie in den USA vergeblich<br />

vorgeschlagen, und der norwegische Reichstag ging nur so weit, sie<br />

1902 vom Strafgesetz aus als sittlich anzuerkennen — wobei sicher<br />

immer nur an den Einzelfall gedacht worden ist, nie an eine<br />

Massenaktion. Das Wort Euthanasie kommt aus dem Griechischen und<br />

heißt „der gute Tod"; es umschreibt die schmerzlose Beendigung<br />

lebensunwerten Lebens, z. B. um unheilbaren furchtbaren Schmerzen<br />

oder unheilbarer Verblödung ein Ende zu machen. Hierzu ist auch von<br />

christlicher Seite vielfach der Segen gegeben worden. So hatte z. B. der<br />

protestantische Reformator D. Martin Luther (1483/1546) in Dessau ein<br />

zwölfjähriges idiotisches Kind gesehen, dessen Leben sich nur auf die<br />

Aufnahme der Nahrung und deren Ausscheidung beschränkte; es lachte<br />

und weinte völlig zusammenhanglos. Luther sagte hierzu aus echter<br />

christlicher Barmherzigkeit heraus: wenn er zu be-stimmen hatte, würde<br />

er dieses Kind durch Ertränken töten, da solche Wesen nur ein Stück<br />

Fleisch ohne richtige Seele seien 205 ). Der Reformator hat also hier ganz<br />

richtig erkannt, daß derartige Wesen keine vollwertige Menschen<br />

darstellen, zu denen ja der Gebrauch der Vernunft und der klare Wille<br />

zur Sittlichkeit gehören — sondern daß sie Mißbildungen der Natur<br />

sind. Diese werden im Reich der Tiere und Pflanzen ohne weiteres<br />

vernichtet, da sie alleine nicht lebensfähig sind, und es ist nicht einzusehen,<br />

warum der Mensch sich an der Natur versündigen soll, indem er<br />

das Naturwidrige erhält und sein Leiden erbarmungslos verlängert und<br />

vermehrt. Ähnlich mitleidsvoll hat sich ein anderer hervorragender<br />

Christ, der Sprecher des Londoner Unterhauses (also des britischen<br />

Parlaments) und Geheime Rat Thomas Morus (1487/1535),<br />

ausgesprochen, der Großkanzler von England gewesen ist und von der<br />

katholischen Kirche 1935 heiliggesprochen wurde. Mit einer gewissen<br />

„himmlischen Autorität" schreibt nun dieser Heilige in seiner Schrift<br />

„Utopia" von 1516, in welcher er einen Idealstaat schildert „ . . . Wenn<br />

aber die Krankheit nicht nur unheilbar ist, sondern auch Schmerzen und<br />

Pein ohne Ende verursacht,... wenn er allen Obliegenheiten des Lebens<br />

nicht mehr gewachsen ist, da er den anderen zur Last<br />

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