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[PDF] Bevor hitler kam

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Neben dem Populär-Antisemitismus ist uns schon mehrfach die<br />

Judenfeindschaß der Gebildeten begegnet. Wenn wir einige ihrer<br />

Vertreter nennen, so muß an die Spitze wohl der große Historiker<br />

Heinrich von Treitschke gesetzt werden. Als Sohn eines sächsischen<br />

Generalleutnants in Dresden geboren (1834/96), wirkte er als Professor<br />

der Geschichte in Freibrurg/Br., um 1874 nach Berlin berufen zu<br />

werden. Nach Rankes Tod 1886 auch „Historiograph des preußischen<br />

Staates", gehörte er als Liberaler 1871/88 dem Reichstage an, obwohl<br />

sein leidenschaftlicher Patriotismus von einer Abneigung gegen den<br />

herkömmlichen Liberalismus getragen war. Treitschke galt als eine Art<br />

„Vater der Alldeutschen" im Auslande, wenn er etwa nach 1871<br />

erklärte: „Wir wollen die Macht und die Herrlichkeit der Staufen und<br />

Ottonen erneuern, doch nicht ihr Weltreich. Unser Staat dankt seine<br />

Kraft der nationalen Idee, er soll jedem fremden Volkstum ein redlicher<br />

Nachbar, nicht herrschüchtiger Gegner sein." Denn „glückselig das<br />

Geschlecht, welchem eine strenge Notwendigkeit einen erhabenen<br />

politischen Gedanken auferlegt, der groß und einfach, allen verständlich,<br />

jede andere Idee der Zeit in seine Dienste zwingt!" Diesen Gedanken<br />

glaubte der Sachse im preußischen Staat zu sehen — ähnlich wie Hegel,<br />

weshalb man ihn auch einen „Erzpriester des Preußenklubs" genannt<br />

hat. Er verherrlicht den Staat als Ausdruck der Autorität und Macht und<br />

verkündet immer wieder: „Der Staat ist Macht und keine Akademie der<br />

Künste!" Da erscheint ihm natürlich auch der Krieg nicht als<br />

verurteilenswert, sondern wird zur reinigenden moralischen Kraft<br />

emporidealisiert: „Die Hoffnung, den Krieg aus der Welt zu verbannen,<br />

ist nicht nur zwecklos, sondern auch unmoralisch, denn sein<br />

Verschwinden würde die Erde zu einem großen Tempel des Egoismus<br />

machen." Der einzelne und sein Glück sind ihm nämlich recht<br />

gleichgültig, ebenso wie die Freiheit — sie müssen dem Staate<br />

unterworfen und ihm bedingungslos aufgeopfert werden, falls das<br />

verlangt wird. Was gilt dann noch das Recht? „Alle Rechtspflege ist<br />

politische Tätigkeit!" — ein Vorwort zu den späteren Theorien von Carl<br />

Schmitt (s. Seite 55). Zu den Zersetzungserscheinungen, die Treitschke<br />

in seinem geliebten Reiche bekämpfte, gehörte neben den Parteien, dem<br />

Marxismus, dem Materialismus und der Sozialdemokratie nun auch das<br />

Judentum, gegen das er ab 1879 seine glänzende Beredsamkeit einsetzt.<br />

Die damals herrschende Stimmung faßt er in die Worte zusammen: „Bis<br />

in die Kreise der höchsten Bildung hinauf, unter Männern, die jeden<br />

Gedanken kirchlicher Unduldsamkeit oder nationalen Hochmuts mit<br />

Abscheu von sich<br />

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