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Wladimir Kaminer Ich bin kein Berliner

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Männermode in Berlin<br />

In Moskau war die Männermode hauptsächlich vom Wetter und<br />

der Willkür des Staates abhängig. Alle Wohnungen hatten eine<br />

Zentralheizung, die man selbst nicht regeln konnte. Die<br />

Regierung sorgte sich um die Gesundheit des Volkes und stellte<br />

uns die Heizung in der Regel schon im September auf volle<br />

Pulle. Infolgedessen liefen die Männer zu Hause ständig in der<br />

hässlichen sowjetischen Unterwäsche herum: knielange<br />

Satinschlüpfer und weiße Unterhemden. Das war für ihre Frauen<br />

<strong>kein</strong> schöner Anblick. Sie versuchten, die Männer zu einem<br />

Spaziergang zu animieren. Die Außentemperatur konnte aber<br />

der Staat nicht regeln, es war daher meistens saukalt. In einem<br />

herkömmlichen Mantel hätte man nach zwanzig Minuten den<br />

Geist aufgegeben. Außerdem waren Winterklamotten in den<br />

Geschäften sehr teuer und kaum zu finden. Deswegen bemühte<br />

sich jeder an seinem Arbeitsplatz, Arbeitskleidung aufzutreiben:<br />

schwarze oder blaue Wattejacken und Filzstiefel in Übergrößen<br />

– davon gab es mehr als genug.<br />

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