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Wladimir Kaminer Ich bin kein Berliner

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Deutsche Zeitzonen<br />

Bin ich etwa zu schnell? Seit fünf Jahren mache ich den Job<br />

eines deutschen Schriftstellers, und trotzdem fragen mich die<br />

Leser in der Provinz jedes Mal, warum ich nicht auf Russisch<br />

schreibe. Weil hier niemand Russisch versteht, erkläre ich.<br />

Damit sie mich im Original lesen können, damit wir miteinander<br />

sprechen können. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> ein deutscher Autor, ich habe <strong>kein</strong>e<br />

einzige Zeile in einer anderen Sprache verfasst. Hier sind meine<br />

Bücher und hier mein Pass. Das Publikum lächelt und weigert<br />

sich beharrlich, mich als deutschen Autor zu akzeptieren. Mal<br />

stellt es mir unauffällig eine Flasche Wodka aufs Lesepult, mal<br />

einen Samowar. Oder es will mir seine Lieblingsmatroschkas<br />

schenken.<br />

Dieser Affenzirkus nimmt <strong>kein</strong> Ende. In Weimar wurde ich am<br />

Bahnhof von einem russischen Rentnerchor empfangen und in<br />

dem schicken Fünf-Sterne-Hotel Russischer Hof einquartiert.<br />

Nicht irgendwo im Keller, sondern in dem berühmten<br />

Zarenzimmer im vierten Stock.<br />

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