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Wladimir Kaminer Ich bin kein Berliner

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Nazikneipe. Sie hieß früher ›Zum SS-Mann‹ oder so ähnlich.<br />

Heute heißt sie natürlich anders, aber das Publikum ist dasselbe<br />

geblieben. Geh da doch einfach mal hin.«<br />

Das hat unsere Künstlerin auch sofort gemacht, zusammen mit<br />

ihrer Freundin. Die Nazis guckten sie verwirrt an, zeigten auf<br />

das Kreuz in ihrem Dekolleté und schüttelten ihre Köpfe.<br />

»So hat sich unser Führer das nicht vorgestellt«, meinten sie,<br />

»dass sich irgendeine ausländische Künstlerin unsere Orden als<br />

Modeschmuck um den Hals hängt.«<br />

Von radikaler Kunst hielten sie auch nichts, deswegen<br />

machten die beiden Frauen schnell einen Rückzieher. Die Stadt<br />

ist groß. Am besten bleibt man unter sich.<br />

TIPP:<br />

Wenn die Stadtführer eine Bundeswehrgruppe in ihrem Bus<br />

haben, informiert sie der leitende Offizier, ja nichts<br />

Nationalsozialistisches zu zeigen. Umgekehrt erfreut sich bei<br />

englischen und amerikanischen Touristen alles Nationalsozialistische<br />

größter Beliebtheit, sodass es sogar eine spezielle<br />

Stadtführung zu Goebbels’ Schuster, Görings Frisör und Hitlers<br />

Sockenstrickerin gibt. <strong>Ich</strong> empfehle dagegen einen Besuch des<br />

Dokumentationszentrums Topographie des Terrors zwischen<br />

der Niederkirchner- und der Wilhelmstraße sowie des<br />

Jüdischen Museums in der Lindenstraße.<br />

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