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Wladimir Kaminer Ich bin kein Berliner

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»Wir befinden uns also im Poppegarten«, murmelte ich nervös<br />

weiter, während Highpoint plötzlich seinen Lauf änderte und es<br />

auf den letzten hundert Metern schaffte, sich nach vorne zu<br />

drängen. Der bullige Mann und ich riefen »Hurra!« – und<br />

rannten zur Kasse. Das Kamerateam blieb fassungslos an der<br />

Rennbahn zurück. Auf dem Rückweg besuchte ich erneut das<br />

Ehepaar König in ihrer VIP-Loge.<br />

»Jetzt wird es richtig interessant«, erzählte Peter. »Alle Pferde<br />

in der nächsten Runde sind gleich schlecht, alle Jockeys gleich<br />

unerfahren, aber einer muss ja trotzdem gewinnen. <strong>Ich</strong> glaube,<br />

dass die Nummer sechs gute Chancen hat. Ja, ich glaube, die<br />

wird es machen. Die Nummer sechs. Oder die sieben«, fügte er<br />

nach einer Pause hinzu. »Die Quoten sind bei beiden sehr<br />

hoch.« <strong>Ich</strong> ging zu meinem Kamerateam zurück. Die Kollegen<br />

wirkten inzwischen ziemlich aufgeregt.<br />

»Was hat dein Freund gesagt?«, fragten sie mich.<br />

»Die Nummer sechs, hat er gesagt, oder die Nummer sieben«,<br />

berichtete ich.<br />

Wir rannten zur Wettannahmestelle. Der Tonmann setzte auf<br />

sieben, die Redakteurin auf sechs, der Kameramann auf beide.<br />

»Wollen wir nicht noch irgendwas drehen?«, fragte ich.<br />

»Später, später, ein andermal«, meinten die Kollegen.<br />

Die Pferde rauschten wieder an uns vorbei. Es war das letzte<br />

Sonntagsrennen, und mit Erstaunen schaute ich auf die Uhr und<br />

stellte fest, dass wir schon über fünf Stunden auf der Rennbahn<br />

waren. Weder Nummer sieben noch Nummer sechs gewann<br />

diese Runde. Peter schüttelte den Kopf und meinte, selbst Götter<br />

könnten sich irren.<br />

Manchmal macht das Fernsehen richtig Spaß, dachte ich auf<br />

dem Weg nach Hause und zählte meine Verluste. Mit dem<br />

Zwei-Minuten-Material, das wir trotz der schweren<br />

Arbeitsbedingungen in Hoppegarten gedreht hatten, konnte<br />

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