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Wladimir Kaminer Ich bin kein Berliner

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ihrem Werbeplakat entgegenlächeln, wenn ich nach Hause<br />

komme.<br />

Die einzig ernste Konkurrenz für sie ist der Ramschladen<br />

»Jedes Teil nur 55 Cent«, den es auch schon seit Ewigkeiten bei<br />

uns gibt. Anfangs fragte ich mich: Wer kauft diesen Quatsch?<br />

Flaschenöffner, die nichts öffnen, Plüschananas, Plastikblumen?<br />

Es muss doch einen geheimen Sinn geben, der den neugierigen<br />

Konsumenten dorthin treibt und ihn manchmal stundenlang in<br />

den Regalen stöbern lässt.<br />

»Wozu gehören eigentlich all diese Teile?«, fragte mich<br />

einmal mein vierjähriger Sohn und lieferte mir mit dieser Frage<br />

den Schlüssel für meine »55-Cent-Theorie«. Natürlich gehören<br />

alle Teile zusammen! Man muss nur die richtige Anschlussware<br />

finden. Wie können ein Schmetterlingsnetz, ein Papiermesser,<br />

ein Seil und Pokémon-Abziehbilder zusammenpassen? Wer das<br />

begreift, rettet womöglich die Welt. Eine Wundermaschine wird<br />

dabei herauskommen, die alle Kriege unnötig macht, die<br />

Arbeitslosenstütze verdreifacht, die Welt zum Blühen bringt.<br />

Die Iraker werden sich von alleine demokratisieren, die<br />

Amerikaner ihre Waffen einmotten, und die Gummibärchen<br />

wird es umsonst geben. Gut und Böse schließen Frieden und<br />

gehen gemeinsam zu McDonald’s, um einen Jägermeister zu<br />

trinken, und alles für nur fünfundfünfzig Cent – wenn man nur<br />

hinter die richtige Reihenfolge kommen könnte. Finde sie<br />

heraus, neugieriger Konsument, finde sie heraus!<br />

TIPP:<br />

Um Ihnen das Puzzeln etwas leichter zu machen, ein<br />

Ausgehtipp: das Medizinhistorische Museum auf dem<br />

weitläufigen Gelände der Charité-Klinik. Dort findet man junge<br />

Sirenen und Zyklopen in Spiritus neben alten Zahnbohrern auf<br />

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