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Inhalt AUFSÄTZE ANHANG - ZIS

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Friedrich-Christian Schroeder_____________________________________________________________________________________unbedingten Bereitschaft des unmittelbar Handelnden, denTatbestand zu erfüllen“ ab (BGHSt 40, 218 [236]). Wenn derBGH weiter ausführt: „Der Hintermann hat in Fällen der hierzu entscheidenden Art auch den umfassenden Willen zurTatherrschaft, wenn er weiß, dass die vom Tatmittler noch zutreffende, aber durch die Rahmenbedingungen vorgegebeneEntscheidung gegen das Recht kein Hindernis bei der Verwirklichungdes von ihm gewollten Erfolgs darstellt“(BGHSt 40, 218 [237]), so nimmt er hiermit das von mirgenannte Kriterium des Fehlens der für den Anstifter typischenErfolgsunsicherheit auf. Schließlich zitiert der BGHnoch die von mir wiedergegebene Äußerung des Urteils desBezirksgerichts Jerusalem, wonach häufig die Verantwortlichkeitmit größerem Abstand zum Tatort nicht ab-, sondernzunimmt. Die Formulierung von der „Ausnutzung der unbedingtenBereitschaft des Täters zum Gehorsam“ fand sichauch in den Urteilen gegen den Ersten Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden Modrow wegen der Veranlassungvon Wahlfälschungen (BGHSt 40, 307 [316]) und gegenMitglieder des Politbüros des Zentralkomitees der SED(BGHSt 45, 270 [296]).Bei der Interpretation dieser Urteile setzte sich das Ringenzwischen den beiden Auffassungen fort. Dabei wurde oftnicht zwischen der Anerkennung der Organisationsherrschaftschlechthin und dem Kriterium der Fungibilität unterschieden.Natürlich erkannte der BGH die von Roxin entworfeneFigur der Organisationsherrschaft als solche an. Im Übrigenging es aber um die Auseinandersetzung zwischen der Fungibilitätund der Ausnutzung der Tatbereitschaft. Insofernkonnte ich die Urteile als volle Zustimmung zu meiner Auffassungverbuchen. 14 Auch Urban stellt fest, dass „sich derBGH entgegen Roxin nicht auf die Rechtsgelöstheit einesMachtapparates und die Fungibilität der Ausführenden berief,sondern auf deren unbedingte Tatbereitschaft, und sich damitinhaltlich stark an die Konzeption Schroeders anlehnte“. 15Dagegen versuchte Roxin, dem Urteil BGHSt 40, 218 dieAnerkennung der Fungibilität als Wesensmerkmal zu unterschieben,und bestritt, dass die unbedingte Tatbereitschaftdem Veranlasser die Tatherrschaft vermittle 16 . Wenn er daraufhinwies, dass die Annahme eines Erbietens eine Anstiftungund keine mittelbare Täterschaft sei, andernfalls es des§ 30 Abs. 2 StGB nicht bedurft hätte, so lässt sich diese Vorschriftauch ohne weiteres als Klarstellung auffassen, dasshier keine versuchte Anstiftung, sondern versuchte Täterschaftvorliegt. Im Übrigen komme es auf die unbedingteTatbereitschaft gar nicht an; das Besondere der Organisationsherrschaftliege gerade in dem Funktionieren unabhängigvom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der unbedingtenTatbereitschaft beim einzelnen. 17 Rotsch wollte dieZugrundelegung der Fungibilität durch den BGH – neben derder Ausnutzung der unbedingten Tatbereitschaft – aus der14 Schroeder, JR 1995, 177.15 Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft,2004, S. 129.16 Roxin, JZ 1995, 49.17 Ebenso Roxin, in: Samson u.a. (Hrsg.), Festschrift für GeraldGrünwald zum siebzigsten Geburtstag, 1999, S. 549 (S. 551).Verwendung der Formulierung „nahezu automatischer Erfolgseintritt“und einer weiteren scharfsinnigen Textanalyseermitteln; der BGH habe zwei sich widersprechende Ansichtenvermengt. 18 Schünemann schloss die Anerkennung auchder Fungibilität aus dem Hinweis auf die „regelhaften Abläufe“.19 Schon vorher hatte Schünemann die mittelbare Täterschaftals Typus i.S.d. neueren Rechtstheorie charakterisiert,bei dem die schwache Ausprägung eines Merkmals durch diebesonders starke eines anderen kompensiert werden könne,so dass Roxins Merkmal der Fungibilität und meines derTatentschlossenheit des Vordermannes sich nicht widersprächenund nicht inkommensurabel seien. 202002 erklärte Roxins Schüler Manfred Heinrich in seinerHabilitationsschrift mit dem seltsam widerwilligen Zusatz „in(allerdings deutlich einschränkender, letztlich eher ablehnender)Anlehnung an Schroeder“ eine „organisationstypischeTatgeneigtheit“ für maßgeblich. 21 Diese Formulierung wurdevon Roxin mit meiner Formulierung zur „organisationsspezifischenTatbereitschaft“ verbunden und sprachlich eindrucksvollergemacht. Auch hier mit Sinn für die „Rahmenbedingungen“wählte er die Festschrift zu meinem 70. Geburtstagzum Ort, um – 41 Jahre nach dem Beginn unserer Kontroverse– die Maßgeblichkeit der Tatbereitschaft anzuerkennen.Sie müsse zu den bisherigen Kriterien der Fungibilität undder Rechtsgelöstheit hinzutreten; 22 sie müsse allerdings, wasbei mir und Heinrich „kaum“ geschehe, in sein Konzeptintegriert werden. 23 Neuerdings spricht Roxin von der „wesentlicherhöhten Tatbereitschaft“ des Ausführenden. 24So sehr mich diese Geste der Anerkennung meiner Auffassungzu meinem 70. Geburtstag berührt hat, so kann ichmich mit ihr doch nicht zufrieden geben. Nach wie vor halteich die Fungibilität nicht für das Wesensmerkmal der Begehungvon Straftaten mithilfe organisatorischer Machtapparate.Außerdem schränkt sie die mittelbare Täterschaft zu starkein. Sie ist schon für die letzten Glieder der Kette fraglich,fehlt aber besonders häufig beim zweiten Glied und den weiterenZwischengliedern. Dies zeigt sich gerade im vorliegendenFall. Das Urteil führt aus, dass Fujimori die Spitzen desMilitärs, der Geheimdienste und der Polizei mit Vertrauensleutenbesetzt hat. Vertrauensleute sind aber kaum fungibel.Im Übrigen erläuterte zur gleichen Zeit der BundesrichterNack, der an der Entscheidung BGHSt 40, 218 mitgewirkt18 Rotsch, NStZ 1998, 491 (492); ders., ZStW 112 (2000),518 (540, dort allerdings: „inhaltlicher Anschluss“ an Roxin).Zust. Langneff, Die Beteiligtenstrafbarkeit von Hintermännerninnerhalb von Organisationsstrukturen bei vollverantwortlichhandelndem Werkzeug, 2000, S. 77.19 Schünemann, in: Hoyer u.a. (Hrsg.), Festschrift für Friedrich-Christian Schroeder zum 70. Geburtstag, 2006, S. 401 (S. 407).20 Schünemann, in: Canaris u.a. (Hrsg.), 50 Jahre Bundesgerichtshof,Festgabe aus der Wissenschaft, Bd. 4, Strafrecht,Strafprozeßrecht, 2000, S. 621 (S. 629 f.).21 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft,2002, S. 274.22 Roxin, in: Hoyer u.a. (Fn. 19), S. 387 (S. 397 f.).23 Roxin (Fn. 1), S. 207.24 Roxin, ZStrR 125 (2007), 1 (17)._____________________________________________________________________________________570<strong>ZIS</strong> 11/2009

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