mittler gebunden; oder an das Ausnutzen eines Irrtums dieses; oder an die Verwendungschuldunfähiger Personen bei der Tatbegehung.Die der dogmatischen Kategorie der mittelbaren Täterschaft zugeordneteFunktion ist es also, den wahren Täter einer Straftat, die durch eine andere Personbegangen wurde, strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Folglich handelt essich um eine Sonderform der Täterschaft, bei der der Täter sich zur Begehung derStraftat einer Zwischenperson bedient, weshalb ihm die strafrechtlichen Folgen, diebesagter unerlaubter Verhaltensweise entsprechen, zugeschrieben werden sollen.1046720° FORMEN MITTELBARER TÄTERSCHAFT. Gegenwärtig sind drei Formen mittelbarerTäterschaft anerkannt. In all diesen handelt oder wirkt der Täter mittels Willensherrschaftüber den physischen Tatmittler. Daher „muss der mittelbare Täter die Möglichkeithaben, das Verhalten der Person, die er zur Begehung der Straftat benutzt,tatsächlich zu kontrollieren und zu leiten“ 1047 .Anfänglich wurden nur zwei Formen mittelbarer Täterschaft anerkannt:(1) Bei der ersten handelt* es sich um die „Herrschaft aufgrund eines Irrtums“,bei der der mittelbare Täter den Willen des Vollstreckers mittels Täuschung über diewahren Umstände der von diesem begangenen Tat beherrscht, oder dem Geschehen,an dem dieser mitwirkte, einen anderen Sinn oder Bedeutung gibt.(2) Die zweite Form ist die der „Herrschaft mittels Nötigung“. Hierbei lenkt derHintermann den Willen des [Tat]Vollstreckers unter Androhung oder Einschüchterungmittels eines gegenwärtigen und schweren Übels, dessen Verwirklichung inseinen Händen liegt.In beiden Fällen ist es also der Hintermann, der den Ablauf des deliktischenGeschehens** bedingt und bestimmt, sodass die vom Tatmittler verwirklichte Handlungnur jenem als sein Werk zugerechnet werden kann.(3) Die dritte Form ist als „mittelbare Täterschaft kraft Willensherrschaft in organisatorischenMachtapparaten“ bekannt; ihre Merkmale, Voraussetzungen, Anforderungenund Folgen werden Gegenstand einer späteren Analyse sein 1048 .1046 STRATENWERTH, GÜNTER stellt klar, dass die mittelbare Täterschaft eine Rechtsfigur ist, die seit Mittedes 19. Jahrhunderts von der Kausalität gelöst wurde, um vor allem Strafbarkeitslücken zu schließen, dieihren Ursprung in dem Erfordernis einer vorsätzlich begangenen Haupttat im Fall der Anstiftung hatten[Derecho Penal Parte General II El Hecho Punible, Vierte Auflage, Übersetzung CANCIO MELIÀ,MANUEL / SANCINETTI, MARCELO A., Verlag Hammurabi, Buenos Aires, 2002, Seite 379].1047 HURTADO POZO, JOSÉ: Manual de Derecho Penal. Parte General I, oben zitiert, Seite 865.* Anm. d. Übers.: Im Original wird im Folgenden die Vergangenheitsform verwendet.** Anm. d. Übers.: Die wörtliche Übersetzung würde „Struktur der Straftat“ [„estructura del hecho delictivo“]lauten.1048 Spezifischer und unter der richtigen Annahme, dass es die Willensunterordnung des Werkzeugs(oder, genauer gesagt, des Vollstreckers) ist, die die Tatherrschaft charakterisiert, erkennen Autoren wieBACIGALUPO ZAPATER 6 Szenarios der mittelbaren Täterschaft an: 1. Vorsatzloses Werkzeug. 2. unterZwang handelndes Werkzeug. 3. Werkzeug, das nicht die Fähigkeit besitzt, normgemäß zu handeln. 4.tatbestandslos handelndes Werkzeug. 5. rechtmäßig handelndes Werkzeug. 6. im Rahmen einesMachtapparats handelndes Werkzeug [Principios de Derecho penal Parte General, Fünfte Auflage,Verlag A kal/Iure, Madrid, 1998, Seiten 369-372]._____________________________________________________________________Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik – www.zis-online.com625
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig darauf hinzuweisen, dass hinsichtlichdieser Form der mittelbaren Täterschaft einige abweichende Positionen unter nationalen1049 und ausländischen 1050 Autoren bestehen, die sie mit den Formen derMittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe verwechseln*, obwohl sich in ihr weder dieHorizontalität noch die direkte oder peripherische Beziehung wiederfindet, die letztereausmacht 1051 . Diese abweichende Interpretation zur dogmatischen Charakterisierungder Führungsebene hat sich auch in der nationalen Rechtsprechung ausgewirkt.In der Entscheidung der Zweiten Übergansstrafkammer [Segunda Sala PenalTransitoria] des Obersten Gerichtshofs – Fall Abimael Guzmán Reynoso – vom14. Dezember 2007 votierte ein Richter für eine Mittäterschaft 1052 . Hinsichtlich derMittäterschaft hat Roxin insoweit klargestellt, dass „ein gemeinsamer Tatentschluss,der nach absolut h.M. Voraussetzung jeder ‚gemeinschaftlichen Begehung’ i.S.d.§ 25 Abs. 2 StGB ist“ fehlt, „denn Hintermann und Ausführender kennen sich meistüberhaupt nicht, beschließen nichts gemeinsam und verstehen sich auch nicht alsgleichgeordnete Entscheidungsträger. Die Ausführung einer Anordnung, um die esin diesem Fällen geht, beruht auf einem Befehl und nicht auf einem gemeinsamenEntschluss“ 1053 .Und im Hinblick auf die Frage, wo der entscheidende Unterschied zurAnstiftung besteht, hat er geltend gemacht, „dass der Anstifter die Ausführungnicht beherrscht, dass die Tatbestandsverwirklichung nicht von seinem Willen ab-1049 CARO CORIA, DINO CARLOS: Informe Nacional sobre el Perú: In: Jurisprudencia Latinoamericanasobre Derecho Penal Internacional. KAI AMBOS y otros (editores), Montevideo, 2008. Seite 302.BARRETO GUZMÁN, MARCO: Responsable de Escritorio y Ejecutor Material en la CriminalidadOrganizaa. In: AA.VV.: Dogmática Actual de la Autoría y la Participación Criminal. Verlag IDEMSA,Lima, 2007, Seite 120 ff1050 GARCÍA VITOR, ENRIQUE: La Tesis del „Dominio del hecho a través de los aparatos organizados depoder”. In: Nuevas Formulaciones en las Ciencias Penales. Homenaje al Profesor Claus Roxin, MarcosLerner Editor, Córdoba, 2001. Seite 342 ff. JAKOBS, GÜNTHER: Derecho Penal. Parte General.Fundamentos y teoría de la imputación. Zweite Auflage, Marcial Pons, Ediciones Jurídicas S.A., Madrid,1997, Seiten 783 und 784. HERNÁNDEZ PLASENCIA, JOSÉ LUIS: La Autoría mediata en Derecho Penal,Verlag Comares, Granada, 1996, Seite 276.* Anm. d. Übers.: Das Original spricht hier tatsächlich von „confunden”, also „verwechseln“.1051 Gemäß: ROXIN, CLAUS: Las formas de participación en el delito: El estado actual de la discusión,1988. In: Problemas actuales de la dogmática penal (Übersetzung: ABANTO VÁSQUEZ, MANUEL A),ARA Editores, Lima, 2004, Seiten 213 und 214. STRATENWERTH stellt mit Blick auf die Lehre von der Mittäterschaftfest, dass in diesen Fällen der der Organisationsherrschaft Unterworfene für gewöhnlich darüberentscheiden kann, [...] ob er selbst (oder aber jemand anderes) die Tat ausführt, während derMittäter die Entscheidung die Tatbegehung in seinen Händen haben muss (STRATENWERTH, GÜNTER:Derecho Penal Parte General I, El Hecho punible, oben zitiert, Seite 394] Die Herrschaft des Hintermannsüber die Straftat mittels eines anderen, seine zentrale Rolle oder Gestaltungsherrschaft erlaubt es, ihnvom Mittäter zu unterscheiden. Die Handlungsautonomie des Vollstreckers bei der Tatbegehung istnicht entscheidend, um die mittelbare Täterschaft des Hintermanns auszuschließen, insoweit als diesereine Befehlsgewalt im organisatorischen Machtapparat besitzt.1052 MEINI MENDEZ, IVÁN: El dominio de la organización en Derecho Penal. 7 Colección Derecho PUCP.Monografías, Palestra Editores, Lima, 2008, Seite 162 ff.1053 ROXIN, CLAUS, La Autoría mediata por dominio en la organización. In: Problemas Actuales deDogmática Penal (Übersetzung: ABANTO VÁSQUEZ, MANUEL A), ARA Editores, Lima, 2004, Seite 233;[Anm. d. Übers.: Zitiert nach dem deutschen Original: Roxin, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft,Sonderheft für Gerhard Schäfer zum 65. Geburtstag am 18. Oktober 2002, S. 52 ff. (54)]._____________________________________________________________________________________626<strong>ZIS</strong> 11/2009