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Inhalt AUFSÄTZE ANHANG - ZIS

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Politische und rechtliche Hintergründe des Urteils gegen den ehem. peruanischenPräsidenten Alberto FujimoriVon RiLG Prof. Dr. Kai Ambos, Göttingen*I. EinleitungAm 7.4.2009 verurteilte die Sonderstrafkammer (Sala PenalEspecial, im Folgenden die Kammer) des Obersten StrafgerichtshofsPerus (Corte Suprema de Justicia de la República,CSJ) den Ex-Präsidenten Alberto Fujimori Fujimori in ersterInstanz zu einer Gefängnisstrafe von 25 Jahren. 1 Fujimoriwurde wegen schweren Totschlags/Mordes (homicidio agravado/asesinato)in 25 Fällen und schwerer Körperverletzungin vier Fällen aufgrund der in den Fällen Barrios Altos (November1991) und La Cantuta (Juli 1992) von peruanischenSicherheitskräften begangenen Taten sowie wegen schwererEntführung in zwei Fällen (April und Juli 1992) im FallSótanos SIE (Servicio de Inteligencia del Ejército, Armeegeheimdienst)für schuldig befunden. 2 Die Kammer gründeteFujimoris strafrechtliche Verantwortlichkeit auf seine Rolleals mittelbarer Täter kraft Willensherrschaft in einem organisatorischenMachtapparat. 3 Fujimori hat gegen das Urteil einRechtsmittel (recurso de nulidad) 4 eingelegt, über den die ausfünf Richtern bestehende erste Übergangsstrafkammer (PrimeraSala Penal Transitoria) 5 der CSJ zum Zeitpunkt derAbfassung dieses Aufsatzes (1. November 2009) noch nichtentschieden hat. 6Für die vorliegende Sonderausgabe ist der die strafrechtlicheVerantwortlichkeit Fujimoris als mittelbarer Täter betreffendeTeil des Urteils ins Deutsche übersetzt worden; 7 erbildet den Hauptgegenstand der Kommentare der deutschen,peruanischen und niederländischen Kollegen. In diesem Artikelsollen deshalb vorrangig die politischen und rechtlichen* Ich danke meinem Mitarbeiter und Doktoranden FlorianHuber für seine große Hilfe bei der Abfassung dieses Beitrags.1 Corte Suprema de Justicia de la República del Peru (CSJ),Sala Penal Especial, Exp. No. AV 19-2001 (acumulado),7.4.2009, Fälle Barrios Altos, La Cantuta und Sótanos SIE,zugänglich unter: http://www.pj.gob.pe/noticias/noticias.asp?codigo=10410&opcion=detalle (zuletzt besucht am 1.11.2009).2 CSJ (Fn. 1), Parte IV Decisión, Fallo, para. 821 ff.3 CSJ (Fn. 1), Parte III Capítulo II, La autoría mediata pordominio de la voluntad en aparatos de poder organizados,para. 718-748.4 Es handelt sich dabei um ein umfassendes, gegen erstinstanzlicheUrteile gerichtetes Rechtsmittel, das hinsichtlichdes Prüfungsumfangs des Rechtsmittelgerichts der deutschenBerufung ähnelt (vgl. Art. 292 ff. peruan. StPO, Código deProcedimiento Penal).5 Die peruanische Corte Suprema hat drei Strafkammern, vondenen zwei übergangsweise (transitoriamente) zur Bewältigungder aufgelaufenen Verfahren eingerichtet wurden6 Die Verhandlung wird voraussichtlich Ende November(23.-25.) stattfinden; s. Fujimori to personally object 25-yearsentence at appeal, http://fujimoriontrial.org/ (zuletzt besuchtam 31.10.2009).7 <strong>ZIS</strong> 2009, 622 ff.Hintergründe des Urteils behandelt werden. Dabei wird zunächstauf die während der Präsidentschaft Fujimoris verbreiteteStraflosigkeit von Menschenrechtsverletzungen eingegangen(sub II.), sodann werden Bedeutung und Einfluss derperuanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission (Comisiónde la Verdad y la Reconciliación, CVR) und der interamerikanischenRechtsprechung auf das Fujimori-Verfahren(III.) sowie das vorangegangene Auslieferungsverfahrenzwischen Chile und Peru (IV.) dargestellt, um schließlich denBeitrag mit Anmerkungen zu dem hier gegenständlichenUrteil abzuschließen (V.).II. Straflosigkeit von Menschenrechtsverletzungen währendder Präsidentschaft FujimorisAlberto Fujimori, Ingenieur und Mathematikprofessor 8mitperuanischer und japanischer Nationalität, wurde am 29. Juli1990 als politischer Außenseiter zum Präsidenten Perus gewählt.9 Nach zweimaliger Wiederwahl (1995 und 2000) blieber in seiner dritten Amtsperiode nur bis November 2000 imAmt, weil er infolge eines Korruptionsskandals das Land inRichtung Japan verlassen musste. Von dort aus erklärte er am17. November mittels Fax seinen Rücktritt. 10Nach seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 1990 hatte Fujimoriauf wirtschaftliche Reformen 11 und einen radikalenKampf gegen die seit Beginn der 1980er Jahre operierenden8 Ich hatte die Gelegenheit Fujimori in seiner Funktion alsRektor der Agraruniversität La Molina in Lima im Jahre 1988persönlich kennen zu lernen. Fujimori moderierte damalseine ziemlich populäre politische Sendung im peruanischenFernsehen und bat mich zu einem Gespräch in seine Universität,um mir für die am Abend stattfindende Sendung zur(deutschen) Terrorismusgesetzgebung (die ich damals imAuftrag der Nichtregierungsorganisation „Comisión Andinade Juristas“ untersuchte, vgl. Ambos, Terrorismo y Ley,1989) einige Fragen zu stellen. Dieses Gespräch ist mir inlebhafter Erinnerung geblieben, weil schon damals Fujimorisautoritäre Züge zum Vorschein kamen: Das Gespräch verliefeher als „peinliche Befragung“ denn Dialog und nachdem ichalle Fragen beantwortet hatte, komplementierte mich Fujimorirelativ schnell heraus, ohne auch nur zu fragen, wie ichdenn wieder zu meinem Limenser Domizil zurückkommenwürde.9 Fujimori’s Controversial Career, BBC News, 25.6.2001,http://news.bbc.co.uk/2/hi/americas/705482.stm (zuletzt besuchtam 1.11.2009).10Fujimori: Decline and Fall, BBC NEWS, 18.9.2000,http://news.bbc.co.uk/2/hi/americas/1031752.stm (zuletzt besuchtam 1.11.2009).11 Siehe dazu Kay, „Fujipopulism“ and the Liberal State inPeru, 1990-1995, Journal of Interamerican Studies and WorldAffairs 38 (1996), 55-68; Stokes, Democratic Accountabilityand Policy Change: Economic Policy in Fujimori’s Peru,Comparative Politics 29 (1997), 209-226._____________________________________________________________________________________552<strong>ZIS</strong> 11/2009

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