Der Okkultismus - Ursprung und Entwicklung aus biblischer Sicht - 1 ...
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unvorstellbare Intendieren des Menschen, seine Sünde, zustande kommt, so sagt das biblische<br />
Zeugnis, er werde dazu versucht von einer persönlichen Macht des Bösen, dem Teufel. Die<br />
Verkündigung vom Teufel ist nun die zweite Linie der biblischen Botschaft vom Bösen. Das<br />
Christentum projiziert nicht das ganze Böse entweder in den Menschen oder in Gott, nein, der<br />
Mensch sündigt <strong>und</strong> wird von der bösen Macht dazu versucht. Beide aber sind für ihr Tun<br />
verantwortlich ... Ebenso wie Gottvater <strong>und</strong> Jesus Christus in der Bibel keine seelischen<br />
Wirklichkeiten sind, ebenso ist der Teufel in ihr keine personifizierende Projektion des Schattens.<br />
Gerade für den Psy¬chologen, der es ja sehr drastisch <strong>und</strong> eindrucksvoll erlebt, wie moderne<br />
Menschen, die den Teufel in ihrem Bewußtsein für ein Ammenmärchen halten, sich dann aber<br />
von ihm besessen, an ihn versklavt fühlen, ihn in ihren Träumen erleben <strong>und</strong> in Visionen sehen,<br />
sollte die rationalistische Kritik an einer persönlichen Macht des Bösen als überholt gelten in der<br />
biblischen Verkündigung führt der Teufel ein vom Menschen unabhängiges Dasein.«<br />
Nach Affemann vollzieht sich die eine Sünde des Menschen vor Gott, von der die Rede war, in<br />
vielerlei konkreten Gestalten. Des Näheren urteilt er:<br />
»Diese Gestalten sind inner bzw. zwischenmenschliche Gegebenheiten. Sie sind für den<br />
Psychologen beobachtbar <strong>und</strong> können von ihm gewandelt werden. Die Ursünde kann sich in<br />
unethischen wie in ethischen Formen äußern. Die sündige Verfaßtheit der Menschen kann sich in<br />
einem Mord ebenso aktualisieren wie im hochethischen Streben des Menschen, so zu sein wie<br />
Gott, so barmherzig, so gerecht, so selbstlos wie er. Die Psychologie vermag die finsteren<br />
Gestalten gegen helle einzut<strong>aus</strong>chen, die dem Leben des einzelnen <strong>und</strong> der Gemeinschaft<br />
zuträglicher sind. An der Gr<strong>und</strong>intention kann sie aber nach <strong>biblischer</strong> Lehre nichts ändern . . .<br />
Ähnlich wie in der Bibel kann auch Jung sagen, daß der Schatten neben der Unbewußtheit die<br />
Bosheit des menschlichen Herzens als Wurzel habe. Wie diese Bosheit nun konkret <strong>aus</strong>sieht,<br />
das kann die christliche Verkündigung von Jung lernen. Es ist zwar richtig, daß die Sünde ein<br />
Faktum zwischen Mensch <strong>und</strong> Gott ist, es ist aber ebenso richtig, daß sie in konkreten seelischen<br />
Einstellungen in Erscheinung tritt. Über allem Betonen, daß man in der Sünde an Gott schuldig<br />
wird, hat man fast <strong>aus</strong> dem Auge verloren, wie sich gerade diese Sünde mitten im seelischen<br />
Leben <strong>und</strong> im Leben der Gemeinschaft vollzieht <strong>und</strong> was sie für sie bedeutet ... Die christliche<br />
Verkündigung aber ist nicht Belehrung, Übermittlung von Ideen, sondern hat die Aufgabe, die<br />
letzte Not des Menschen zu beseitigen, <strong>und</strong> hat dabei an den Zeichen jener Not anzusetzen. Hier<br />
aber ist eine christliche Lehre vom Menschen dem Psychologen Jung dafür, daß er konkret<br />
gezeigt hat, wie das Böse in der Seele zutage tritt, welche Zerstörungen <strong>und</strong> Verwüstungen es<br />
anrichtet, zu großem Dank verpflichtet.<br />
Auch von seiner Entdeckung, daß vieles an dem Schatten überhaupt nicht böse, sondern nur<br />
unentwickelt <strong>und</strong> verdrängt ist, kann der christliche Glaube lernen. Er wird dadurch aufgefordert,<br />
sich zu überprüfen, was alles an der Schöpfung Gottes er als sündig deklariert hat, wieviel gute<br />
Gaben Gottes er dämonisiert hat. Durch diese Selbstprüfung wird er erkennen, daß vieles, was er<br />
als böse empfand, nicht böse, sondern gut ist <strong>und</strong> in die Ganzheit der Schöpfung mit<br />
hineingehört. Indem aber etwas als böse Verdrängtes als Schöpfung Gottes angenommen wird,<br />
geschieht tatsächlich das, was Jung so oft bemerkt: die Wandlung des Schattens.<br />
Festgehalten werden muß jedoch, daß der ganze Schatten auf diese Weise nicht gewandelt<br />
werden kann. Die Sünde, welche weitgehend den Kern des Schattens darstellt, ist dem<br />
menschlichen Befreiungswerk ent¬zogen. Diese Spannung zwischen Gut <strong>und</strong> Böse bleibt. Jung<br />
hat schon recht, sie ist lebensfeindlich, unerträglich. <strong>Der</strong> Mensch, der sich ehrlich als böse erlebt<br />
<strong>und</strong> konsequent gilt sein will, wird durch diesen entsetzlichen Zwiespalt in den Tod getrieben<br />
oder zur Erlösung vom Bösen durch das Opfer Christi.«<br />
Diese instruktive Stellungnahme von R. Affemann ergänze ich durch ein Wort eines anderen<br />
christlichen Psychotherapeuten, K. Graf von Dürckheim (K. Graf Dürckheim, Durchbruch zum<br />
Wesen, Bern Stuttgart-Wien 1972):<br />
»Das tiefste Wesen des Menschen ist gar nichts anderes als seine Weise der Teilhabe an einem<br />
überraumzeitlichen Sein, das durch ihn hindurch offenbar werden will . . . Jeder Versuch, die im<br />
Gewissen lebendigen Werte dadurch ihrer Würde berauben zu wollen, daß man ihr Dasein auf<br />
psychologische oder soziologische Bedingungen zurückführt, muß auf die Dauer ebenso<br />
scheitern wie der komische Versuch, das Wesen der Töne zurückzuführen auf<br />
Schwingungsfrequenzen . . . Psychologisch oder soziologisch erklärbar ist immer nur der<br />
besondere Inhalt eines erlebten Sollens, nie aber das Unbedingte seiner verpflichtenden Kraft