APUG-Dokumentation Vollversion (PDF)
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aber eher wie eine bereits bestehende Gewißheit behandelt werden sollen - ist nicht nur<br />
wissenschaftlicher, sondern auch gesellschaftlich-politischer Natur. Daher muß hierzu ein<br />
gesamtgesellschaftlicher Konsens angestrebt werden.<br />
Das gleiche gilt für die nächste Stufe, wenn die Größe eines bestimmten Risikos aufgrund eines<br />
allgemein akzeptierten Verfahrens abgeschätzt worden ist, nämlich die Entscheidung darüber,<br />
welches Risiko die Gesellschaft - etwa als Preis für wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand - zu<br />
akzeptieren bereit ist. Ein solcher Diskurs über das tolerierbare und akzeptable Risiko ist national und<br />
international dringend erforderlich.<br />
Es wird auch weiterhin angesichts widerstreitender Auffassungen und Einstellungen überaus<br />
schwierig sein, diesen Konsens zu erzielen. Hier steht u.a. zur Diskussion, ob und mit welcher<br />
Gewichtung die Risiken durch Gefahren aus der Umwelt im Vergleich mit anderen Lebensrisiken<br />
bewertet werden sollen. Zum einen stellt sich die Frage, ob grundsätzlich vermeidbaren Gefahren<br />
durch anthropogene Umweltbelastungen (technische Risiken) ein anderer Stellenwert zukommt als<br />
unvermeidbaren Gefahren des Lebens, wie z.B. Blitzschlag oder Naturkatastrophen. Zum anderen<br />
besteht das Problem, daß freiwillig eingegangene Risiken, z.B. durch das Rauchen, - obwohl sie<br />
objektiv betrachtet viel größer sind - vom einzelnen als weniger bedrohlich angesehen werden oder<br />
zumindest trotz der unterschiedlichen Gefahrenlage leichter toleriert werden als anthropogene<br />
Umweltrisiken, denen er unfreiwillig und ohne die Möglichkeit der Einflußnahme ausgesetzt ist. Die<br />
Folge ist, daß an die Reduzierung oder Beseitigung solcher unfreiwillig hinzunehmender<br />
Umweltrisiken in der Regel von der Öffentlichkeit ein wesentlich strengerer Maßstab angelegt wird.<br />
Angesichts dieser Problematik ist die Frage zu diskutieren, ob evtl. auf die Festlegung eines in Zahlen<br />
angegebenen akzeptablen Risikos verzichtet werden könnte, wenn auf der Grundlage einer allgemein<br />
akzeptierten Abschätzung der Risiken gesundheitlicher Umweltgefahren eine Rangfolge der<br />
bestehenden Probleme erarbeitet werden könnte und Einigkeit darüber bestünde, daß die zur<br />
Verfügung stehenden Mittel und Kapazitäten entsprechend einer solchen Prioritätenliste eingesetzt<br />
werden.<br />
Eine politisch-gesellschaftliche Konvention darüber, wie die Risiken umweltbedingter<br />
Gesundheitsgefahren bewertet werden sollen, ist dringend erforderlich. Sie ist die entscheidende<br />
Voraussetzung dafür, daß die auf der Basis von Risikobewertungen getroffenen staatlichen<br />
Maßnahmen, wie z.B. Verbote bestimmter Stoffe oder Festlegung von Grenzwerten, transparent<br />
gemacht werden können und damit die Wahrscheinlichkeit einer allgemeinen gesellschaftlichen<br />
Akzeptanz für konkrete Maßnahmen steigt.<br />
Das Fehlen dieser Voraussetzung und die Tatsache, daß eine Kultur der verständnisorientierten<br />
Konfliktaustragung bei uns bislang nicht ausreichend entwickelt ist, sind die Gründe dafür, daß ein<br />
sachgerechtes und erfolgreiches Risikomanagement unter adäquater Beteiligung der Betroffenen bis<br />
heute weitgehend fehlt oder nur in Ansätzen vorhanden ist. Dies sind aber die entscheidenden Gründe<br />
für das oben dargestellte mangelnde Vertrauen von Teilen der Bevölkerung in staatliche<br />
Entscheidungen.<br />
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