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2.1.6 Umweltassoziierte Gesundheitsstörungen im engeren Sinne („Umweltsyndrome“)<br />

In den letzten 20 Jahren wurden in den industrialisierten Ländern immer wieder besondere Gesundheitsstörungen<br />

mit bestimmten Umweltfaktoren in Verbindung gebracht. Gemeint sind hierbei nicht<br />

die Krankheiten oder gar Todesfälle, die nach örtlich massiven Schadstoffbelastungen (z. B. Minamata),<br />

nach Großunfällen in Chemiebetrieben (z. B. Seveso), nach Störfällen in Kernkraftwerken<br />

(Tschernobyl) oder im Gefolge extremer Smogepisoden auftraten und auch nicht die theoretisch<br />

aufgrund von Risikoabschätzungen zu erwartenden Erkrankungs- und Todesfälle. Es handelt sich<br />

dabei vielmehr um mit der physikalisch-technischen Umweltbelastung in Verbindung gebrachte sog.<br />

„umweltassoziierte“ Gesundheitsbeeinträchtigungen, die unter mehr oder minder verbreiteten („üblichen”)<br />

Expositionsbedingungen der Bevölkerung nur bei einzelnen Individuen beobachtet werden.<br />

Dabei wird von seiten der Betroffenen, von den behandelnden Ärzten und auch von den Medien ein<br />

ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen Gesundheitsstörungen und Einwirkungen von Noxen<br />

aus der Umwelt hergestellt. In der öffentlichen Diskussion wird daher auch von „Umweltkrankheiten”<br />

gesprochen.<br />

Die betroffenen Patienten klagen in der Regel über vielfältige, häufig nicht klar umschriebene Symptome.<br />

Diese beziehen sich meistens auf mehrere Organe und Systeme. Im Extremfall ist solchen<br />

Menschen ein erträgliches Leben nur möglich, wenn die vermeintliche Ursache, eine Exposition<br />

gegenüber einer bestimmten Umweltnoxe oder auch gegenüber mehreren streng gemieden wird. Dies<br />

gilt für die Einwirkung von Chemikalien aus dem alltäglichen Lebensumfeld, die Aufnahme bestimmter<br />

Nahrungsmittel und Medikamente oder - auch häufiger in den nordischen Ländern als in<br />

Deutschland - für die Einwirkungen elektromagnetischer Felder. Durch die so aufgezwungene Lebensweise<br />

isolieren sich die Betroffenen von ihrer sozialen Umwelt und sind in der Regel nicht arbeitsfähig.<br />

Der Leidensdruck ist erheblich.<br />

Vereinzelt sind solche „Umweltkrankheiten“ epidemieartig aufgetreten, obwohl weder Umweltnoxen<br />

noch ein infektiöses Agens als Auslöser oder Ursache der Beschwerden gefunden werden konnten.<br />

Die Interpretation als „mass psychogenic illness” lag in solchen Fällen nahe. In anderen Fällen konnten<br />

als wahrscheinlichste Auslöser einer solchen „Epidemie” Äußerungen von „Experten“ oder einschlägige<br />

Medienberichte aufgezeigt werden. Beispiele hierfür sind die Häufungen von Fibromyalgie-<br />

Fällen in Australien (1980), die sog. Tübinger Krankheit (1987ff) und auch manche Fälle von Sick-<br />

Building-Syndrom. Bei letzteren spielt offensichtlich häufig die Kommunikation über Beschwerden<br />

und die Bezugnahme auf den Arbeitsplatz eine Rolle.<br />

Da die von den Patienten angegebenen Symptome mit den Methoden der Schulmedizin in der Regel<br />

nicht objektivierbar und Ursachen dafür nicht mit ausreichender Sicherheit nachweisbar sind, sind die<br />

Patienten meist von ihren Ärzten, die ihnen keine Hilfestellung anbieten können, enttäuscht und<br />

fühlen sich nicht ernst genommen, so daß häufige Arztwechsel die Folge sind. Viele Patienten landen<br />

schließlich in ihrer Not bei Vertretern alternativer und paramedizinischer Behandlungskonzepte.<br />

Einige durchlaufen vorher, in der Regel erfolglos, auch eine psychiatrische Evaluation.<br />

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