Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
106<br />
Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />
DIE LINDE IN<br />
UNSERER HEIMAT<br />
Erzählt von Helmut Mattke<br />
Forstmeisterei i.R.<br />
Gartenstraße 9 a<br />
18209 Heiligendamm<br />
Auf unserer Erde gibt es etliche Lindenarten.<br />
Wir kennen die Weiß-, Schwarz-,<br />
Silber-, Rot-, Holländische Linde und noch<br />
einige mehr. Für Mitteleuropa sind aber nur<br />
die Sommerlinde (Tilia phatyphyllos) und<br />
die Winterlinde (Tilia cordata) von Bedeutung.<br />
In grauer Vergangenheit, zur Zeit der Germanen,<br />
war die Linde Freya, der Göttin der<br />
Liebe und Fruchtbarkeit, geweiht. Der Baum<br />
galt als heilig. Nach der Christianisierung<br />
diente sie als „Lignum sacrum“ (heiliges<br />
Holz) und wurde zum Schnitzen von Marienund<br />
Heiligenstatuen verwandt.<br />
Die Linde nannte man den „Hausbaum“<br />
Ostpreußens. Sie stand vor den Türen der<br />
Häuser, an den Toren der Bauerngehöfte,<br />
auf dem Dorfanger und bildete herrliche<br />
Alleen.<br />
Stellvertretend für die vielen Lindenalleen<br />
sei die schönste und eine der ältesten<br />
Winterlindenalleen Deutschlands (begründet<br />
1852/53) genannt. Sie säumt die Chaussee<br />
von Bad Doberan nach Heiligendamm.<br />
Unter der alten mächtigen Dorflinde, meistens<br />
eine Sommerlinde, berieten die Bauern<br />
über das Wohl der Gemeinde. Auch in<br />
anderen Teilen Deutschlands stand die<br />
Linde im Mittelpunkt des Dorfes. Mit Hilfe<br />
der daran hängenden „Hillebille“, ein altes<br />
hölzernes Signalgerät, rief man Versammlungen<br />
ein. Auch als Gerichts- und<br />
Fehmlinde nutzte man sie. Für die Dorfjugend<br />
ein allgemeiner Treffpunkt. Bei Festlichkeiten<br />
stand sie als Tanz- und Festplatz<br />
zur Verfügung. Hermann Löns formulierte<br />
seinerzeit:<br />
„Unter der Linde<br />
Da ist mein allerliebster Platz,<br />
Da will ich warten<br />
Auf meinen Schatz“.<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
Pollenanalytische Untersuchungen haben<br />
ergeben, daß der vorgeschichtliche Waldzustand<br />
auf den besseren Böden zunächst<br />
mit der Linde und der Ulme den größten<br />
Anteil hatte.<br />
Die später dominierende Eiche wurde immer<br />
von vielen Laubhölzern wie Linde,<br />
Ulme, Birke und Erle begleitet. Die intensive<br />
Nutzung, vor allem junger Linden zur<br />
Bastgewinnung, bewirkte eine rapide Abnahme<br />
der Lindenbestände, so daß ihr<br />
Anteil in der Gegenwart (1937) auf unter<br />
2 % sank.<br />
Blüht die Linde, lockt der süßlich aromatische<br />
Honigduft unzählige Bienen, Hummeln<br />
und weiteres Insektenvolk an. Sie<br />
brummen, summen, burren und surren in<br />
den Lindenblüten nach Nektar, um für ihre<br />
Nachkommenschaft Nahrung zu haben.<br />
In der breiten, dichten, vielfältig verästeten<br />
Krone findet auch die Vogelwelt genügend<br />
Platz für ihre Nester. Als Schutz- und Rastbaum<br />
wird die Linde je nach Jahreszeit von<br />
vielen Vögeln aufgesucht. Gerne bauen<br />
zwischen den Astgabeln die Ringeltauben<br />
ihr Nest. Jeden Morgen ruft der Täuber<br />
sein „Ruck ru gru“ mehrfach mit abschließendem<br />
„gruh“, dann äugt er vorsichtig<br />
umher. Die ersten Sonnenstrahlen lassen<br />
seinen Schnabel rosarot leuchten, hellgelb<br />
die Augen und besonders hebt sich die<br />
weiße, goldgrüne, purpurn schillernde Halsbinde<br />
ab. Graurote Brust und rote Füße<br />
vervollständigen das Kleid dieses schönen<br />
Vogels. Auch der sangesfreudige<br />
Buchfink schmettert sein Lied in den Morgen.<br />
Kohlmeisen haben ein großes Repertoire<br />
von Stimmlauten. Amseln zetern heftig<br />
und der Zaunkönig, ein winziger, lebhafter,<br />
dunkelbrauner Vogel, singt kräftig<br />
und warnt oft und laut. Goldhähnchen,<br />
Rotkehlchen, Stare, sogar die Elstern, und<br />
viele andere Vogelarten statten den alten<br />
Dorflinden ihren Besuch ab. In der Abenddämmerung<br />
huschen und gaukeln Fledermäuse<br />
während ihrer Nahrungssuche um<br />
die Linde herum. Der nächtlichen Lebensweise<br />
sind auch die Eulen angepaßt. Mit<br />
ihrem geisterhaften lautlosen Flug versu