Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />
schein fuhren wir über Lötzen – Arys nach<br />
Lissuhnen. Aber kurz vor Lissuhnen in der<br />
Nähe vom Kesseler See kam schon die<br />
Erinnerung. Hier haben wir als Kinder gebadet.<br />
Am Ortseingang, von Adlig – Kessel<br />
– Röstgen kommend, hielten wir an. Was<br />
wird uns hier wohl erwarten nach 56 Jahren,<br />
war unsere Frage. Meine Schwester<br />
sagte nur zu mir: „Brüderchen, wir sind hier<br />
nicht in Lissuhnen, du hast dich bestimmt<br />
verfahren.” Ich sagte nur: „Schwesterchen,<br />
ich fahr dich dort hin, wo unser Haus einmal<br />
gestanden hat.” Nach unserer Ankunft mußten<br />
wir leider feststellen, dass von unserem<br />
Elternhaus nur noch die Grundmauern stehen.<br />
Erinnerungen kamen wieder. Meine<br />
Schwester kann sich an nichts erinnern, sie<br />
war ja erst 3 Jahre alt, als wir die Heimat<br />
verlassen mußten. Aber sie hat am meisten<br />
Tränen dort gelassen. Mein Bruder Lothar<br />
hatte sich in Lötzen etwas verfahren und<br />
kam so mit seiner Frau Hannelore und<br />
Bruder Dieter etwas später an. Sie staunten<br />
nicht schlecht, als ich als jüngster Bruder<br />
schon am Elternhaus eingetroffen war.<br />
Erinnerungen wurden von meinen Brüdern<br />
in der Runde erzählt. Unser alter Brunnen<br />
(siehe Foto) wird heute noch vom “neuen”<br />
Nachbar genutzt. Örtliche Wasserversorgung<br />
fehlt noch. Alles wurde jetzt in Augenschein<br />
genommen. Unsere Anwesenheit<br />
blieb ja nicht unbemerkt. Im Nachbarhaus,<br />
(ehemals Siska) lebt eine junge Polin mit 5<br />
Kindern. Sie begrüßte uns. Mit Händen und<br />
Sprachführer haben wir uns verständigt.<br />
Im Kofferraum von unseren Autos hatten<br />
wir Bananen, Apfelsinen und Süßigkeiten<br />
mitgebracht. Die Kinder waren sehr dankbar<br />
dafür. Uns standen die Tränen in den<br />
Augen, als wir sahen, mit welchem Heißhunger<br />
die Kinder das frische Obst aßen.<br />
Die Armut, so muß man es sagen, ist groß.<br />
Alle Häuser sind dem Verfall preisgegeben.<br />
Menschen, die hier wohnen, haben<br />
einfach kein Geld, um die Häuser instand<br />
zu setzen. Hier fehlt es an allem. Um irgendwie<br />
über die Runden zu kommen,<br />
wird das Nötigste im Garten angebaut,<br />
Gänse, Enten und Hühner gehören auf<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
jedem Hof dazu. Sollte etwas übrig sein<br />
vom Ertrag, wird es auf dem Markt in Arys<br />
angeboten. Wir verbrachten den ganzen<br />
Tag in unserem Heimatdorf Lissuhnen. Eines<br />
muß man hier noch sagen: die polnischen<br />
Menschen waren alle nett und freundlich.<br />
Sogar ein Beutel voll frischer Kartoffeln<br />
machte die Reise nach Deutschland<br />
mit.<br />
Die Dorfschule steht nicht mehr, ebenso<br />
das Spritzenhaus. Der Friedhof, total verwildert<br />
und zugewachsen. Einzelne Grabsteine<br />
stehen noch. Als der Abend dämmerte,<br />
traten wir die Reise in unsere Pension<br />
an. Uns erwartete ein reichhaltiges<br />
Abendbrot (gebratene Maränen). Bei einem<br />
guten Glas Bier und hausgemachtem<br />
Bärenfang ließen wir noch einmal den Tag<br />
Revue passieren. Die nächsten Tage führten<br />
uns nach Johannisburg, unserer Kreisstadt,<br />
sowie nach Lötzen, Nikolaiken,<br />
Rastenburg – Wolfsschanze, Angerburg.<br />
Nikolaiken, die Perle Masurens, hatte es<br />
uns angetan. Von hier aus machten wir<br />
eine schöne Dampferfahrt über den schönen<br />
Spirdingsee. Für uns eine Fahrt, die wir<br />
nie vergessen werden. Die tiefliegenden<br />
Wolken über dem Spirdingsee muß man<br />
einfach gesehen haben – einmalig schön.<br />
Am vorletzten Tag unternahmen wir noch<br />
eine schöne Dampferfahrt von Lötzen über<br />
den großen Mauersee. Tage, die wir nie<br />
vergessen werden. Ein schöner dicker und<br />
frisch geräucherter Aal aus dem Mauersee<br />
trat mit uns die Heimreise an. Unsere schöne<br />
Reise führte uns durch eine einmalig<br />
schöne Landschaft, mit “noch” intakter<br />
Natur, wie wir sie in Europa noch ganz<br />
selten finden.<br />
Am letzten Abend unternahmen wir noch<br />
eine kleine Wanderung um unsere Pension.<br />
Ein riesiger Schwarm von Kranichen<br />
suchte einen Rastplatz in Seenähe. Am<br />
Morgen unserer Abreise versammelten sich<br />
Tausende von Schwalben auf den Stromleitungen,<br />
die sich auch auf die Reise gen<br />
Süden machten. Bilder, die man nie vergessen<br />
kann. Wir haben alles in Bild und<br />
Video festgehalten. Unsere Heimat wer-<br />
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