Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />
tags ins Revier eingeliefert. Am gleichen<br />
Tag starb um 21 Uhr in unserem Zimmer<br />
eine Frau an Wassersucht. Besuch hatte<br />
ich jeden Tag. Sogar der Hauptlagerleiter<br />
besuchte mich. Jeden Tag kamen neue<br />
Kranke hinein. Es war schon ein Elend.<br />
Nach ungefähr einer Woche wurde ich<br />
entlassen und hoffte, bald wieder arbeiten<br />
zu können. Doch die Arbeit machte mir<br />
jetzt nicht mehr viel Freude. Der neue Vertrauensmann,<br />
gleichzeitig unser Koch, war<br />
uns allen unsympathisch. Bald darauf gab<br />
ich meinen Arbeitsplatz auf. Es wurde mir<br />
zu bunt.<br />
Am 15. 11. war ich Taufpatin bei Holger<br />
Piplack, Sohn von Frau Pawelzik. Das<br />
Weihnachtsfest 1945 haben wir ganz gut<br />
verlebt. Man muß ja aus allem das Beste<br />
machen. Durch die eintönige Ernährung<br />
stellten sich immer wieder Krankheiten ein.<br />
So bekam ich eine Drüsenvereiterung unterm<br />
rechten Arm, später am rechten Knie<br />
und in der Leiste. Meine Mutter war auch<br />
die meiste Zeit krank. Am 1. 3. 46 ging ein<br />
Transport von hier ab. Einige Bekannte<br />
waren dabei.<br />
2x waren die Dänen nun im Lager und<br />
durchsuchten unsere Schränke, nahmen<br />
Schmuck und Geld mit. Was sie nicht fanden,<br />
wickelten wir in Wollknäuel ein, um<br />
wenigstens etwas zu retten. Da ich ja auch<br />
an der Schule tätig war und so zum Lehrpersonal<br />
gehörte, bekam ich alle 14 Tage<br />
einen Ausgehschein. Wir konnten uns dann<br />
zu zweit oder zu dritt außerhalb des Lagers<br />
frei bewegen. Kontakt mit den Dänen durften<br />
wir nicht haben. Einige schrien sogar<br />
hinter uns her „Tyske Nazischwein“. Aber<br />
wir gingen schweigend an denen vorbei.<br />
Auch Fallobst durften wir nicht aufsammeln.<br />
Am 28. 4. feierte ich meinen 25.<br />
Geburtstag. Schon früh wurde ich von<br />
meinem Chor mit einem Ständchen geweckt.<br />
lch bekam sogar Blumen und Geschenke.<br />
Am 16. 6. fand unser Lönsabend<br />
statt. Wir sangen Lieder und trugen Geschichten<br />
vor. Es war ein schöner Abend.<br />
Am 27.6. kam ich ins Krankenhaus<br />
Beldringe, wo mir am 1. 7. die Mandeln<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />
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herausgenommen wurden. Die Operation<br />
verlief gut, aber erst nach drei Wochen<br />
wurde ich entlassen. Zur gleichen Zeit<br />
wurden auch Lilo Schulz die Mandeln entfernt.<br />
Gemeinsam verlebten wir schöne<br />
Tage dort. Dann mußten wir aber umgehend<br />
ins Lager zurück, denn schon am 18.<br />
7. wurde Ollerup aufgelöst. Unser neues<br />
Lager war Knivholt bei Frederikshavn. Wir<br />
verließen die Insel Fünen und landeten<br />
ganz oben auf Jütland. Dort traf ich auch<br />
meine Cousine Mariechen Krüger mit ihren<br />
Kindern sowie Emmi Behrenz. In diesem<br />
Lager gefiel es uns gar nicht, alles Baracken,<br />
ca. 5000 Personen. Wir lebten jetzt<br />
mit 20 Personen in einer Baracke, Männer,<br />
Frauen, Kinder, die sich oft stritten. Zu den<br />
Toiletten mussten wir ein ganzes Stück<br />
gehen. Es war eine Baracke mit 20 Sitzen<br />
nebeneinander und 20 Sitzen gegenüber.<br />
Im Sommer konnte man nach draußen gehen<br />
und sich von dem Lärm entfernen. Zum<br />
Glück hatte ich immer noch meine Arbeit<br />
an der Schule. In dem Lager erhielt ich ein<br />
Hemd, einen Schlüpfer und ein Paar Holzschuhe.<br />
Von den Dänen bekamen wir jetzt<br />
eine Legitimationskarte, dass wir an allen<br />
Schulen innerhalb des Lagers zugelassen<br />
waren.<br />
Unsere Baracke stand unmittelbar neben<br />
dem Stacheldrahtverhau. Die Dänen gingen<br />
oft mit aufgepflanztem Gewehr auf und<br />
ab. Seelisch konnte man da wirklich eingehen,<br />
aber wir ließen uns nicht unterkriegen.<br />
Allmählich gewöhnte man sich an diese<br />
Zustände. Oft glaubte man, hier sei der<br />
Ausschuss der Menschheit zusammengekommen.<br />
Viele waren zur Arbeit eingeteilt: In der<br />
Küche, Nähstube, Schusterei, im Büro, in<br />
Krankenbaracken, zum Torfholen für die<br />
Baracken, und der war so nass, dass man<br />
ihn erst drei Tage in der Baracke trocknen<br />
mußte. Im Sommer wurden wir von den<br />
Wanzen geplagt. Ob man sie mit kochendem<br />
Wasser bekämpfte oder sonst irgend<br />
etwas tat, sie blieben und vermehrten sich<br />
schnell. Sie fielen besonders nachts von<br />
der Decke auf unser Gesicht. Im Winter<br />
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