Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />
und Helfern am frühen Morgen den Hof, um<br />
dem Treck des Dorfes in eine ungewisse<br />
Zukunft und - wer weiß - wie weite Ferne zu<br />
folgen. Noch ahnte sie nicht, wie bald alle<br />
vage Hoffnung dieser Art in einer furchtbaren<br />
Katastrophe zerstob. Widrige Umstände<br />
des kalten Winterwetters jedoch, aber<br />
mehr noch wirre Gerüchte über Richtung<br />
und Stärke des feindlichen Vorstoßes machten<br />
ihr große Sorgen.<br />
Im späten Januar durch starken Frost und<br />
hohen Schnee behindert - wie schon einst<br />
ein Treck des Hofes auf ostpreußischer<br />
Heimaterde - nur schweres Weiterkommen<br />
der Wagen. Es erlahmten die Pferde.<br />
So kam der Treck nur langsam voran. Gegen<br />
Abend überholten, aus seitlicher Richtung<br />
kommend, bereits feindliche Panzer<br />
die Gespanne. Um ihrem Feuer zu entkommen,<br />
suchte man in höchster Not Schutz im<br />
nassen Schnee auf der Erde.<br />
Neben ihnen versanken Pferde und Wagen<br />
im klirrenden Schnee, von den Fliehenden<br />
in panischer Angst kopflos verlassen. Von<br />
Granaten und Kugeln getroffen, so auch<br />
der Pfarrer der Gemeinde, verloren viele<br />
Menschen ihr Leben, andere ihre Freiheit,<br />
zusammengetrieben zu hilflosen Massen.<br />
Jüngere, darunter auch die Erbin, nur noch<br />
die Hofkarte als wichtigstes Dokument zur<br />
Hand, wagten, im Schutze der Nacht zu<br />
Fuß laufend, den Weg zu noch freien Straßen.<br />
Verzweifelte Hoffnung trieb sie voran.<br />
Endlich fanden sie zu dritt nach langen,<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />
Heimatlos<br />
von Bodenstedt<br />
beschwerlichen Märschen die sehnlichst<br />
erbetene Hilfe: Fürsorgliche Mitnahme<br />
durch zurückgehende deutsche Kolonnen.<br />
So entkamen sie wenigstens den todbringenden<br />
Horden gnadenloser feindlicher<br />
Häscher, den Vernichtern so manchen<br />
unschuldigen Lebens. Doch alles Glück<br />
einer bergenden Heimat schien nun endgültig<br />
zerronnen!<br />
Schließlich erreichten sie jenseits der<br />
Weichsel - nach manch einer gefährlichen<br />
Bedrohung durch feindliche Flieger - endlich<br />
Anschluß an westwärts fahrende Personenzüge.<br />
Im Unterschied zu ihrer hügeligen<br />
Heimat mit ihren Seen erlebten sie<br />
nun - je weiter nach Westen - mehr und<br />
mehr weite Feldmark mit fruchtbarer Börde.<br />
Der Erbin gelang so, wie der älteren<br />
Schwester mit Mutter und Sohn bereits<br />
früher, nach schweren Wochen die rettende<br />
Zuflucht auf verwandschaftlichen Besitz<br />
an der Flensburger Förde.<br />
Der Hof in Masuren, nun war er wohl für<br />
immer verloren. Auch die letzte Erbin verstarb<br />
alsdann nach langem, schwerem<br />
Krankenbett. Die ältere Schwester aber,<br />
einst auch auf der Flucht, jedoch zu seiner<br />
Rettung geboren, trägt das Gedenken an<br />
ihren väterlichen Hof mit all seinen immer<br />
noch geliebten bäuerlichen Konturen, auch<br />
für ihren dort geborenen einzigen Sohn, als<br />
teures Vermächtnis in ihrem Herzen, denn<br />
hier ist und bleibt ihre ewige Heimat - im<br />
fernen, unvergesslichen MASUREN.<br />
Ihr lächelt manchmal über unser Wesen<br />
Und seht uns irgendwie verwundet an-<br />
Was wißt ihr denn von allem, was gewesen,<br />
Was Heimat war und nie mehr werden kann!<br />
Wohl fand ich oft, was Aug’ und Ohr ergötzte,<br />
Doch nie, was meine Heimat mir ersetzte.<br />
entnommen aus Gedicht-Sammelband von G. Bosk<br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
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