Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />
falls positiv. Stabsoberfeldwebel Dörfel und<br />
Sanitäter Onkel Wilhelm waren unsere Bezugspersonen.<br />
Sie versorgten uns mit gutem<br />
Essen, u. a. Torte und Schlagsahne<br />
sowie Bohnenkaffee. Da die Abstriche immer<br />
noch positiv waren, nannte man mich<br />
die Bazille. An 13. April war der Arzt verreist:<br />
Dörfel und Wilhelm sind mit uns spazieren<br />
gegangen nach West-Skerningen<br />
und nachmittags nach Ost-Skerningen. Am<br />
nächsten Tag haben wir wegen Muskelkater<br />
und Halsschmerzen den ganzen Tag im<br />
Bett gelegen. Wir lernten zwei dänische<br />
junge Mädchen kennen, die dort bei der<br />
Wehrmacht arbeiteten und uns öfter besuchten<br />
und uns auch verwöhnten. Else<br />
Jansen brachte uns am Abend gebratene<br />
Heringe, die uns köstlich schmeckten.<br />
Einen Tag später waren meine Mandeln<br />
und mein Hals wieder dick. Wilhelm pinselte<br />
mehr denn je und sagte, nun sehe es<br />
wieder aus wie im Klo. Wir machten aber<br />
trotzdem einen Spaziergang zum Schloss<br />
und um den See über Eygensee und zurück.<br />
Wir haben viele Birkenäste und Blumen<br />
mitgebracht. Am 19.4. waren wir bei<br />
Friedel Hansen zum Kaffee eingeladen. Es<br />
war ein schöner Nachmittag, Else Jensen<br />
war auch da. 20.4. Zum Mittag gab es<br />
Bratfisch und frischen Salat. Es schmeckte<br />
wieder ganz toll. Mit Onkel Wilhelm durfte<br />
ich das Essen direkt aus der Küche holen,<br />
die im Hauptgebäude war.<br />
Am 21.4. wollten wir eine Fahrt nach Sonderburg<br />
machen, die aber wegen Sabotagen<br />
ausfiel. Die Fähre nach Sonderburg<br />
war gesprengt worden und die Geschäfte<br />
streikten. Da die Putzfrau fehlte, halfen wir<br />
Wilhelm beim Saubermachen. Nachmittags<br />
sind wir wieder mit Else Jensen nach West-<br />
Skeninge ins Kaffee gegangen. Meine Mitpatientin<br />
Susanne wurde entlassen, und<br />
ich blieb allein. Inzwischen kam der 6.<br />
Abstrich zurück, natürlich wieder positiv.<br />
Der Oberstabsarzt sagte: „Sie müssen bis<br />
Kriegsende im Revier bleiben.” Schwester<br />
Sofie hatte mich beim Arzt verpetzt, dass<br />
ich im Kino war. Am 28.4. feierte ich meinen<br />
24. Geburtstag. Von Else und Friedel be-<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
kam ich ein Paar Schuhe und drei Büstenhalter<br />
geschenkt. Zum Nachmittagskaffee<br />
war das Zimmer voll. Auch Oberstabsarzt<br />
Dr. Hansen kam zum Gratulieren und blieb<br />
zum Kaffee. Meine Mutter, Susanne und<br />
noch einige aus Zimmer 59 waren gekommen.<br />
Es war eigentlich die schönste Zeit,<br />
die ich trotz Diphtherie in Dänemark verlebt<br />
habe. Ob Deutsche oder Dänen, sie waren<br />
alle sehr nett und wir verstanden uns einmalig<br />
gut. Die Freundschaft zu Else und<br />
Friedel hielt, bis ich Ende 1948 wieder<br />
nach Deutschland kam. Wir besuchten uns<br />
gegenseitig und hielten lange Kontakt durch<br />
Briefwechsel.<br />
Am 1. Mai feierten wir im Revier einen<br />
Kameradschaftsabend. Ich wurde immer<br />
mit eingeladen. Um 24 Uhr kam dann die<br />
Nachricht, der Führer sei gefallen. Die Stimmung<br />
war gesunken, ich weiß heute nicht<br />
mehr, wie die Offiziere es auslegten. Wir<br />
saßen noch bis 3 Uhr beisammen und jeder<br />
fragte sich wohl, wie es weitergehen sollte.<br />
Am 2.5 . habe ich lange geschlafen und<br />
dann ein wenig beim Aufräumen geholfen.<br />
Der Oberstabsarzt Dr. Hansen brachte mir<br />
die freudige Nachricht, dass ich am Freitag,<br />
dem 4. 5., entlassen würde. Mit ein<br />
wenig komischen Gefühlen zog ich dann<br />
mit all meinen Sachen und den vielen Blumen<br />
ins Hauptgebäude zurück. Die Kameradschaft<br />
war nicht mehr wie am Anfang.<br />
Ich hielt mich ein wenig zurück und dachte<br />
an die Zeit im Revier zurück. Die Sehnsucht<br />
nach dem richtigen Zuhause und der Heimat<br />
wurde immer stärker. Man dachte an<br />
die Angehörigen und Bekannten, an die<br />
Freundinnen, mit denen man zusammen<br />
gewesen war oder gearbeitet hatte.<br />
In Dänemark wurde es immer brenzliger.<br />
Alle Volksdeutschen, die bei der Wehrmacht<br />
gearbeitet hatten, wurden von den<br />
Dänen eingesperrt. Ich meldete mich freiwillig<br />
ins Revier zum Saubermachen, da<br />
die Volksdeutschen ja fort waren. Die Soldaten<br />
erhielten neue Uniformen und Wäsche,<br />
da sie sich für den Transport nach<br />
Deutschland fertig machen mußten. Auch<br />
wir erhielten von dem restlichen Vorrat blaue