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Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a

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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />

kam dann noch die Kälte dazu. Womit<br />

sollten wir heizen außer dem Torf. Da wurde<br />

schon manches Brett von der Baracke<br />

abgerissen. Nachts verschwanden dann<br />

auch Türen und Wachhäuschen, um verheizt<br />

zu werden. Dann kamen die Dänen<br />

und kontrollierten und suchten die verschwundenen<br />

Sachen, meist ohne Erfolg.<br />

Zum Schlafen haben wir uns im Winter<br />

nicht ausgezogen, sondern warm verpackt:<br />

Schal, Mütze und Handschuhe der Wanzen<br />

wegen und mit der Papierdecke, die<br />

nicht viel wärmte, zugedeckt. Durch die<br />

Ritzen fegten der Wind, Regen oder Schnee<br />

und Kälte hinein. Morgens gab es an der<br />

Küche Tee, er schmeckte nicht, aber Gesicht<br />

und Hände konnten wir damit waschen.<br />

Seit dem 4. 11. 46 arbeitete ich hier<br />

an der Berufsschule. Sport, Singen und<br />

Handarbeit waren wieder meine Fächer. In<br />

diesem Lager gab es einen großen gemischten<br />

Chor von 115 Personen, der von<br />

Benno Bartels geleitet wurde. Die schönsten<br />

Abende verlebten wir aber mit dem<br />

dänischen Musikprofessor Savery, der uns<br />

mehrmals im Jahr besuchte. Er war wirklich<br />

ein Prachtmensch, der viel für die Flüchtlinge<br />

übrig hatte. Er war auch weit über die<br />

Grenzen hinaus bekannt, bis in die Schweiz.<br />

Dort gründete er später eine Musikschule.<br />

In der Baracke neben uns wohnten Freunde<br />

und Bekannte. Ich war sehr viel mit<br />

ihnen zusammen. Im Februar ’47 kam ich<br />

ins Krankenhaus nach Frederickshaven.<br />

Die rechte Achselhöhle war vereitert und<br />

mußte operiert werden. Auch meinen Geburtstag<br />

im April feierte ich im Krankenhaus,<br />

da war ich zum zweiten Mal operiert.<br />

Von Friedel Hansen aus Sonderburg erhielt<br />

ich ein Päckchen. Nun war auch ein<br />

Paket aus Amerika für mich unterwegs. lch<br />

war sehr neugierig. Aus Deutschland hatte<br />

ich schon Post erhalten, sogar vom Konrektor<br />

Walter aus Johannisburg. Der schilderte<br />

mir ausgiebig die jetzigen Zustände<br />

und wer noch dageblieben sei. Wir waren<br />

sehr enttäuscht, nun unsere Heimat nicht<br />

mehr wiederzusehen. Die Briefe vom Lehrer<br />

habe ich noch alle. Eine Kopie aller<br />

<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

Briefe habe ich seinem Enkelsohn, Dr.<br />

Rotert, nach Kiel geschickt, der sich darüber<br />

sehr gefreut hat.<br />

Im Lager verlief das Leben weiter. Wir<br />

übten das Märchen „Peterchens Mondfahrt”.<br />

Ich spielte die Nachtfee, in einem<br />

langen blauen Gewand, eine Silberkrone<br />

auf dem Kopf mit meinem langen Haar. Es<br />

wurde ein toller Erfolg. Sogar die dänische<br />

Lagerleitung war da. Ja, man muß eben<br />

aus allem das Beste machen, dann ist alles<br />

leichter zu ertragen. Alle 24 Tage durften<br />

wir Mädchen mit dem Bus zur Nordmole<br />

nach Frederickshaven fahren. Man mußte<br />

sich nur rechtzeitig anmelden. War der Bus<br />

voll, kam keiner mehr mit. Von der Marine<br />

wurden wir mit Kaffee und Kuchen versorgt.<br />

Es waren schöne Nachmittage, die<br />

wir dort verleben durften. Gegen Abend<br />

wurden wir wieder ins Lager gefahren.<br />

Ab Anfang Juli ’47 waren wir in Aalberg<br />

West 49-06. Es war das schlechteste Lager,<br />

das wir bisher hatten. Wir gehörten zur<br />

Sektion III und zur Küche III. Das Kino in<br />

dem Lager war der einzig schöne Raum, in<br />

dem man sich wohl fühlen konnte. Man<br />

vergaß für Stunden, dass man im Lager<br />

war. Wir bekamen unsere alten Spielfilme<br />

zu sehen. Konzerte oder bunte Abende<br />

gab es auch gelegentlich. Professor Savery<br />

besuchte uns in diesem Lager oft, und wir<br />

verlebten schöne Stunden. Nun waren wir<br />

schon 21/2 Jahre hinter Stacheldraht, und<br />

die Sehnsucht nach unserem Zuhause<br />

wurde immer größer. Manchmal war dieses<br />

Leben kaum zu ertragen. Zum wiederholten<br />

Mal wurden wir registriert. lch hatte<br />

uns für die britische Zone angemeldet und<br />

hoffte, dass wir bald herauskommen würden.<br />

Ich war nun nicht mehr an der Schule<br />

tätig, sondern arbeitete in der Straminstube.<br />

Wir stickten Kissenplatten für eine<br />

dänische Fabrik. Als Lohn gab es eine<br />

kleine Zusatzverpflegung, pro Woche: 1 1/2<br />

l Magermilch, 3/4 l Saft, 1 Ei, 50 g Käse, 3/<br />

4 Roggenbrot und 125 g Wurst. Die Arbeit<br />

gefiel mir ganz gut. Seit April ’48 war ich<br />

schon wieder in ärztlicher Behandlung. Ich<br />

fuhr zweimal in der Woche ins Kranken

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