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Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a

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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />

bens einer traditionellen Volksgruppe in<br />

einer gewachsenen Region.<br />

Wie sehr das Zusammenleben in einer<br />

Dorfgemeinschaft von festen kirchlichen<br />

Eigenheiten gekennzeichnet ist, kann man<br />

am besten an den Dorfbeerdigungen feststellen.<br />

Jeder Bürger, selbst der ärmste<br />

und bescheidenste, erfuhr im und selbst<br />

nach seinem Tode die gleiche Nähe, Verehrung<br />

und Liebe, das heißt: das gleiche<br />

Recht auf Bewahrung seiner Identität und<br />

damit den Anspruch auf den Schutz innerhalb<br />

seiner Gemeinschaft!<br />

Die Beerdigungen als Abschluss des<br />

menschlichen Lebens fanden in Kreuzofen<br />

im Trauerhaus der Angehörigen unter großer<br />

Anteilnahme der Mitbürger statt. Die<br />

Dorfbewohner bekundeten damit den<br />

Gemeinschaftssinn und die Eintracht des<br />

dörflichen Lebens. Der Tote wurde im „Guten<br />

Zimmer“ des Hauses aufgebahrt. Sobald<br />

er starb, wurden der Spiegel im Hause<br />

verhangen und die Uhr angehalten.<br />

Mund und Augen wurden dem Verstorbenen<br />

geschlossen. Der Raum wurde mit<br />

Tannengrün geschmückt. Nachts brannten<br />

vier Kerzen zur Geisterabwehr. Jeder<br />

Dorfbewohner konnte von dem Toten persönlich<br />

Abschied nehmen. Die Leiche war<br />

sowohl für die nächsten Angehörigen als<br />

auch die Dorfbewohner kein Schrecken,<br />

sondern sie gehörte zu ihnen, bis die Beerdigung<br />

angesetzt war.<br />

Bei der Begräbnisfeier im Hause wurde der<br />

Deckel auf den Sarg erst dann gelegt und<br />

fest verschlossen, wenn eine Unruhe sich<br />

im Hause bemerkbar machte, die das Kommen<br />

des Pfarrers ankündigte.<br />

Der Pfarrer hielt einen Hausgottesdienst.<br />

Seine Ansprache galt dem Verstorbenen.<br />

Seine Andacht mit Gotteswort, Gebet, Fürbitte,<br />

Gesang und Segen diente der Verkündigung<br />

des Wortes Gottes vom Tod,<br />

dem Gericht und dem ewigen Leben.<br />

Die geistliche Abschiedsfeier war keine<br />

monotone gottesdienstliche Handlung,<br />

sondern aus ihr sprachen die Wärme der<br />

Gnade und des Trostes an die Hinterbliebenen.<br />

Die versammelte Gemeinde sang<br />

<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

dazu Choräle wie im sonntäglichen Gottesdienst,<br />

was an die Geburt und den Tod,<br />

das Dasein und die Ewigkeit erinnerte.<br />

Nach der Beendigung der häuslichen Trauerfeier,<br />

die oft durch schmerzvolles Weinen<br />

und Schluchzen der Trauernden begleitet<br />

wurde, setzte sich der Zug zum<br />

Friedhof, der am Waldrand auf dem Weg<br />

zur Kirche nach Klein Kurwien lag, zu Fuß<br />

durch das Dorf in Bewegung. Bei langsam<br />

- würdigem Gang sang der Trauerzug<br />

Glaubenslieder und Choräle aus dem Gesangbuch,<br />

während die kleine Kirchenglocke,<br />

die auf dem Scheunendach der<br />

Schule angebracht war, dem Toten das<br />

letzte Geläut gab. Die Bahre mit dem Sarg<br />

wurde von 6 starken Männern getragen.<br />

Später besaß Kreuzofen einen Leichenwagen,<br />

der von zwei Rappen gezogen wurde.<br />

Auf dem Friedhof sang die Gemeinde weitere<br />

Kirchenlieder vor dem offenen Grab.<br />

Der Pfarrer hielt eine kurze Predigt, ein<br />

Gebet, und durch die abschließende<br />

Bestattungsformel wurde der Tote der Gnade<br />

Gottes zum ewigen Leben befohlen. Oft<br />

spielte der Kreuzofener Posaunen - Chor<br />

am Grab noch einen Choral. Danach warf<br />

jeder Angehörige drei Hand voll Erde auf<br />

den Sarg in der Meinung, dass er den<br />

Toten leichter vergessen könnte. Doch der<br />

dreimalige Erdwurf sollte den lebenden<br />

Menschen auch ihre Vergänglichkeit anzeigen.<br />

Je mehr der Tote bei der Feier zu<br />

seinem Recht kam, desto größer war der<br />

Trost für die Angehörigen.<br />

Die Trauergemeinde sang weitere Kirchenlieder,<br />

bis der Grabhügel errichtet war.<br />

Darauf wurden die Kränze und Blumen<br />

gelegt. Die nächsten Angehörigen knieten<br />

am Grabhügel nieder und sprachen ein<br />

Gebet.<br />

Die Trauerfeier, die anschließend im Trauerhaus<br />

stattfand, mutete wegen des Totenschmauses<br />

merkwürdig an. Doch es war in<br />

Kreuzofen für die Familie des Verstorbenen<br />

eine Ehre, wenn es eine besonders<br />

„fröhliche Leiche“ war. „Das Fell“ mußte mit<br />

Alkohol begossen werden’<br />

Auf engstem Raum wurden im Trauerhaus<br />

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