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Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a

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114<br />

Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />

Kühe hüten musste. Das Vieh wurde 2 km<br />

weit auf die Wiesen getrieben. Meine Oma,<br />

1839 geboren, also auch nicht mehr besonders<br />

jung, konnte schlecht laufen, ich<br />

als kleiner Junge aber flitzte ganz gut. Ich<br />

bekam eine Peitsche und musste nun aufpassen,<br />

dass die Kühe nicht auf Nachbars<br />

Wiese gingen. Die Tiere aber zeigten vor<br />

einem solchen kleinen Knirps keine Angst.<br />

Ich konnte noch so tüchtig mit der Peitsche<br />

knallen, sie brummten nur und kamen auf<br />

mich zu; da musste Oma mir eiligst zur Hilfe<br />

kommen.<br />

Um die Mittagszeit wurden die Kühe zum<br />

Melken nach Hause getrieben. Wir aßen<br />

unser Mittag, und nach einer Pause ging<br />

ich mit Oma wieder auf die Wiesen. Es fiel<br />

uns beiden schwer, den weiten Weg hinter<br />

dem Vieh zu laufen. Aber was der Vater<br />

bestimmt hatte, musste ausgeführt werden.<br />

Ein Nein gab es früher nicht.<br />

So lange Oma noch bei Kräften war, ging<br />

sie mit mir zum Hüten mit. Im Herbst 1905<br />

wurde sie krank, hat lange das Bett hüten<br />

müssen und ist nicht mehr gesund geworden.<br />

Sie starb im Sommer 1906 im Alter von<br />

67 Jahren.<br />

Im April desselben Jahres kam ich zur<br />

Volksschule. Wir hatten nur einen kurzen<br />

Weg von 1/2 km, die Kinder aus dem Nachbarort<br />

Reinersdorf 1 km.<br />

Zu meiner Zeit gab es beim ersten Schulgang<br />

noch keine Wundertüten. Die Mutter<br />

ging mit dem I -Männchen mit und gab<br />

dem Lehrer heimlich 30 bis 40 Pfennige,<br />

Ein - Pfennig - Stücke. Davon bekamen die<br />

Kleinen vor dem Heimweg 2 bis 3 Pfennige<br />

mit als Lockmittel zum Wiederkommen. -<br />

Unser Lehrer war sehr streng und hatte<br />

auch einen Stock.<br />

Im Jahre 1906 wurde im Herbst die Eisenbahn<br />

von Johannisburg nach Dlottowen<br />

bis an die polnisch-russische Grenze gebaut.<br />

Die Strecke führte direkt an unserem<br />

Dorf vorbei. Wir Kinder mussten jeden Tag<br />

zweimal über das Gleis zur Schule gehen.<br />

Bisweilen sahen wir auch, wie die deutschen<br />

Soldaten Material von den Waggons<br />

abluden. Auf dieser Strecke verkehrte nur<br />

<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

ein Bummelzug. Man konnte ihn schon aus<br />

der Ferne hören und sehen. War im Winter<br />

viel Schnee gefallen, so blieb der Zug im<br />

Walde stecken und musste frei geschaufelt<br />

werden.<br />

Wir Jungen hatten einmal zur Probe einen<br />

großen Nagel auf die Schienen gelegt.<br />

Dieser ist durch das Gewicht des Zuges<br />

ganz platt geworden. Wir schliffen ihn an<br />

und gebrauchten ihn als Stemmeisen beim<br />

Basteln.<br />

Kamen wir aus der Schule nach Hause,<br />

wurde gleich Mittag gegessen Wir nahmen<br />

dann den Tornister mit den Büchern und<br />

trieben das Vieh auf die Weiden. Dort wurde<br />

nebenbei gelernt.<br />

Gelegentlich kam mein jüngerer Bruder<br />

zum Hüten mit. Zu zweien war es etwas<br />

sicherer; falls einer vor Müdigkeit einschlief,<br />

musste der andere wach bleiben und auf<br />

das Vieh achten.<br />

Es konnte vorkommen, dass ein Rind auf<br />

die Weide des Nachbarn lief, aber dabei<br />

durfte man sich von diesem nicht schnappen<br />

lassen. Schon aus Angst vor Strafe riss<br />

man sich zusammen, um nicht einzuschlafen,<br />

was besonders im Sommer in der prallen<br />

Sonne möglich war. In dieser Zeit konnte<br />

ein Rind auf die Wiese des Nachbarn<br />

gehen. Kam dieser zufällig vorbei, so<br />

schnappte er sich das Tier am Strick und<br />

gab es erst frei, wenn das Lösegeld von 3,<br />

00 RM bezahlt war; zu der Zeit viel Geld.<br />

Denn in den Jahren um 1907 verdiente ein<br />

Arbeiter an einem 10-Stunden - Tag 3,00<br />

RM pro Tag. Es war also teuer, wenn man<br />

eine Kuh loskaufen musste, und das ist mir<br />

einmal passiert.<br />

So achteten wir Jungen gut auf unser Vieh,<br />

denn zu Hause gab es, wenn wir versagt<br />

hatten, vom Vater auch noch eine Abreibung.-<br />

In unserem alten Haus hatten wir bald zu<br />

wenig Platz, denn die Familie wurde immer<br />

größer. Darum beschlossen die Eltern, im<br />

Obstgarten ein neues, größeres Haus aus<br />

Holz zu bauen. Vater kaufte bei der Försterei<br />

auf einer Auktion eine ganze Menge Baumstämme.<br />

Fachleute schnitten diese mit der

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