Johannisburger r Heimatbrief 2002 - Familienforschung S c z u k a
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V<br />
Kühe hüten musste. Das Vieh wurde 2 km<br />
weit auf die Wiesen getrieben. Meine Oma,<br />
1839 geboren, also auch nicht mehr besonders<br />
jung, konnte schlecht laufen, ich<br />
als kleiner Junge aber flitzte ganz gut. Ich<br />
bekam eine Peitsche und musste nun aufpassen,<br />
dass die Kühe nicht auf Nachbars<br />
Wiese gingen. Die Tiere aber zeigten vor<br />
einem solchen kleinen Knirps keine Angst.<br />
Ich konnte noch so tüchtig mit der Peitsche<br />
knallen, sie brummten nur und kamen auf<br />
mich zu; da musste Oma mir eiligst zur Hilfe<br />
kommen.<br />
Um die Mittagszeit wurden die Kühe zum<br />
Melken nach Hause getrieben. Wir aßen<br />
unser Mittag, und nach einer Pause ging<br />
ich mit Oma wieder auf die Wiesen. Es fiel<br />
uns beiden schwer, den weiten Weg hinter<br />
dem Vieh zu laufen. Aber was der Vater<br />
bestimmt hatte, musste ausgeführt werden.<br />
Ein Nein gab es früher nicht.<br />
So lange Oma noch bei Kräften war, ging<br />
sie mit mir zum Hüten mit. Im Herbst 1905<br />
wurde sie krank, hat lange das Bett hüten<br />
müssen und ist nicht mehr gesund geworden.<br />
Sie starb im Sommer 1906 im Alter von<br />
67 Jahren.<br />
Im April desselben Jahres kam ich zur<br />
Volksschule. Wir hatten nur einen kurzen<br />
Weg von 1/2 km, die Kinder aus dem Nachbarort<br />
Reinersdorf 1 km.<br />
Zu meiner Zeit gab es beim ersten Schulgang<br />
noch keine Wundertüten. Die Mutter<br />
ging mit dem I -Männchen mit und gab<br />
dem Lehrer heimlich 30 bis 40 Pfennige,<br />
Ein - Pfennig - Stücke. Davon bekamen die<br />
Kleinen vor dem Heimweg 2 bis 3 Pfennige<br />
mit als Lockmittel zum Wiederkommen. -<br />
Unser Lehrer war sehr streng und hatte<br />
auch einen Stock.<br />
Im Jahre 1906 wurde im Herbst die Eisenbahn<br />
von Johannisburg nach Dlottowen<br />
bis an die polnisch-russische Grenze gebaut.<br />
Die Strecke führte direkt an unserem<br />
Dorf vorbei. Wir Kinder mussten jeden Tag<br />
zweimal über das Gleis zur Schule gehen.<br />
Bisweilen sahen wir auch, wie die deutschen<br />
Soldaten Material von den Waggons<br />
abluden. Auf dieser Strecke verkehrte nur<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2002</strong><br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
ein Bummelzug. Man konnte ihn schon aus<br />
der Ferne hören und sehen. War im Winter<br />
viel Schnee gefallen, so blieb der Zug im<br />
Walde stecken und musste frei geschaufelt<br />
werden.<br />
Wir Jungen hatten einmal zur Probe einen<br />
großen Nagel auf die Schienen gelegt.<br />
Dieser ist durch das Gewicht des Zuges<br />
ganz platt geworden. Wir schliffen ihn an<br />
und gebrauchten ihn als Stemmeisen beim<br />
Basteln.<br />
Kamen wir aus der Schule nach Hause,<br />
wurde gleich Mittag gegessen Wir nahmen<br />
dann den Tornister mit den Büchern und<br />
trieben das Vieh auf die Weiden. Dort wurde<br />
nebenbei gelernt.<br />
Gelegentlich kam mein jüngerer Bruder<br />
zum Hüten mit. Zu zweien war es etwas<br />
sicherer; falls einer vor Müdigkeit einschlief,<br />
musste der andere wach bleiben und auf<br />
das Vieh achten.<br />
Es konnte vorkommen, dass ein Rind auf<br />
die Weide des Nachbarn lief, aber dabei<br />
durfte man sich von diesem nicht schnappen<br />
lassen. Schon aus Angst vor Strafe riss<br />
man sich zusammen, um nicht einzuschlafen,<br />
was besonders im Sommer in der prallen<br />
Sonne möglich war. In dieser Zeit konnte<br />
ein Rind auf die Wiese des Nachbarn<br />
gehen. Kam dieser zufällig vorbei, so<br />
schnappte er sich das Tier am Strick und<br />
gab es erst frei, wenn das Lösegeld von 3,<br />
00 RM bezahlt war; zu der Zeit viel Geld.<br />
Denn in den Jahren um 1907 verdiente ein<br />
Arbeiter an einem 10-Stunden - Tag 3,00<br />
RM pro Tag. Es war also teuer, wenn man<br />
eine Kuh loskaufen musste, und das ist mir<br />
einmal passiert.<br />
So achteten wir Jungen gut auf unser Vieh,<br />
denn zu Hause gab es, wenn wir versagt<br />
hatten, vom Vater auch noch eine Abreibung.-<br />
In unserem alten Haus hatten wir bald zu<br />
wenig Platz, denn die Familie wurde immer<br />
größer. Darum beschlossen die Eltern, im<br />
Obstgarten ein neues, größeres Haus aus<br />
Holz zu bauen. Vater kaufte bei der Försterei<br />
auf einer Auktion eine ganze Menge Baumstämme.<br />
Fachleute schnitten diese mit der