Innenland: Ein Wegweiser in die Seele der Bibel und in ... - Plough

Eberhard Arnold - Innenland 207
Die Erforschung religiöser Erfahrungen hat von neuem festgestellt,
dass Unruhe und Gespaltenheit dem Erlebnis des
Friedens vorangehen muss. Qual der Gewissensnot und ein die
ganze Seele umfassendes Sündenbewusstsein sind die erste
Triebfeder, die die Seele zum Friedensschluss drängt. Zugleich
ist es das letzte Verlangen nach Reinheit und Vollkommenheit,
nach Harmonie und Gottesgemeinschaft, das wie ein Sturm vor
der Stille das Herz zum Frieden treibt.
Man darf ein schuldbeladenes Gewissen nicht immer auf
auffallende Verfehlungen zurückführen, die der herrschenden
Moral zuwider sind. Es handelt sich vielmehr um die niederdrückende
Erfahrung einer alles durchdringenden Disharmonie
und Schuldverhaftung, die durch die Ferne von Gott verursacht
ist. Das gesamte Leben des heutigen Menschen wird als Sünde
erlebt, weil ihm überall gänzlich die Freude des Friedens, die
Kraft der Gerechtigkeit und das vereinigende Gotteswerk fehlt.
Starbuck 41 stellte aus zahlreichen Berichten Erlebnisse
dieser Art zusammen. Als das Wesen der inneren Unruhe,
die dem Zustand des Friedens vorausgeht, bezeichnet er ein
verzweifeltes Sündenbewusstsein, das sich mit dem Ringen
nach einem neuen und besseren Leben vereinigt. Das nieder-
drückende Gefühl der Gottesentfremdung und ein mit ihm Hand
in Hand gehender Zweifel führen zu pessimistischer Traurigkeit,
zu tiefer Angst und Hilflosigkeit. Dem intellektuellen Zweifel
entspricht das Bestreben, dem Schuldbewusstsein solange als
möglich Widerstand zu leisten. Um so größer wird die Qual.
Furcht und Zweifel, Sündengefühl und Gemütsdruck beweisen
sich als die Wehen der kommenden Geburt.
Die neue Geburt ist die enge Pforte zum Friedensreich. Der
innere Friede wird als Befreiung von der dunklen Sünde und
als die Erlösung vom Fluch erlebt. Die Geburt lässt das Licht
der neuen Welt erscheinen. Man sieht das Reich Gottes. Je
schroffer der Gegensatz zwischen der eigenen Schwäche und
Hilflosigkeit auf der einen Seite und der nunmehr geschauten
Kraft und Herrlichkeit auf der anderen Seite als der Gegen-
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41 Starbuck, edwin Diller, 1866-1947
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