Innenland: Ein Wegweiser in die Seele der Bibel und in ... - Plough

Eberhard Arnold - Innenland 48
demselben Absolutheitsanspruch geht der menschliche Geist,
dem Strom der Zeiten bis weit über den Anfang und das Ende
folgend, über alle Grenzen hinaus. Das stärkste Verlangen des
Geistes gilt der Frage nach dem Ursprung und Ziel aller Dinge.
Nach ihrem Urquell und nach der Mündung ihres Stromes
lechzt die durstige Seele. Ist sie zu dem Bewußtsein ihrer selbst
und ihrer göttlichen Bestimmung erwacht, so erblickt sie in dem
Tod einen unnatürlichen, dem Wesen der Dinge widerstreitenden
Feind des Lebens. Dasselbe gilt auch für alles andere, das
die Klarheit und Reinheit des Ewigen beflecken und vernichten
will. Alles, was in der jetzigen Zeit und im irdischen Raum dem
heiligen Müssen und Sollen der Seele entgegensteht, muß und
soll nach ihrem tiefsten Glauben jenseits aller irdischen Dinge
und am Ende aller Zeiten vom Reich Gottes überwunden werden.
Das “Himmelreich” der anderen Welt greift als die Kraft der
zukünftigen Welt in das zeitliche und irdische Leben ein und
will es jetzt und hier nach dem jenseitigen und zukünftigen Bilde
umgestalten. Das tut es, sobald und solange die Seele den
Glauben herrschen läßt.
Dieses andere schon jetzt und hier mögliche Leben ist die
Freiheit der Seele. Es kommt jedoch niemals zu einem solchen
Flügelschlag der freien Seele, solange ihr eine lebensfeindliche
Atmosphäre den Atem nimmt und den Ausblick in das Ewige
und Unendliche verdunkelt.
Die Freiheit und Kraft der glaubenden Seele geht so weit,
daß sie mit dem prophetischen Geist auch die heilige Umgestaltung
dieser materiellen Welt in eine Welt der Gerechtigkeit und
Einheit erwartet, und dies bis in jede Einzelheit hinein. In der
Hoffnung des Reiches Gottes entdeckt die Seele ihr Leben. Für
sie enden alle Wege Gottes in der Leiblichkeit und der Einheit.
Die Bibel führt deshalb den leiblichen Tod darauf zurück, daß
die Sünde als Absonderung, als Trennung und Vereinzelung,
in den lebendigen Schöpfungszusammenhang einen verhängnisvollen
Bruch gebracht hat. Sie beschreibt das Böse als die
lebensfeindliche Macht, die durch ihre Trennung von Gott und
durch ihre Scheidung der Menschen voneinander die Gefahr
ewigen Todes mit sich bringt. Die Sünde ist Frevel am Leben
w w w . p l o u g h b o o k s . c o . u k / g e r m a n