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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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136 Christian Schütte<br />

5. Hass – entfacht oder geschürt von Hass-Bekundungen<br />

in Online-Foren?<br />

Die Tatsache, dass auf islamkritischen Websites Hass ausgedrückt wird, erregt<br />

im öffentlichen Diskurs oft deshalb Besorgnis, weil damit Aggressionen<br />

verbreitet werden. Doch auch hier ist bei näherem Hinsehen eine Differenzierung<br />

erforderlich, d. h. – um die gängigen Feuer-Metaphern zu verwenden:<br />

Entfachen Hass-Äußerungen bei ihren Adressaten wiederum Hass oder<br />

sind sie bloß dazu imstande, bereits vorhandene Hassempfindungen zu schüren?<br />

Prinzipiell ist fraglich, ob jede Kundgabe des eigenen Hasses zugleich als<br />

Aufruf zum ‚Mithassen‘ zu deuten ist. Dagegen spricht zumindest die häufige<br />

Subjektivierung in den Rechtfertigungen solcher Gefühle, wenn dabei<br />

etwa auf persönliche Erfahrungen und Erlebnisse verwiesen wird. Womöglich<br />

erschöpft sich die kommunikative Funktion in der Selbstdarstellung bzw.<br />

in der Online-Profilierung der jeweiligen Nickname-Identität.<br />

Ebenso deutlich muss man Hass-Kommunikation vom Aufruf zur Gewalt<br />

unterscheiden. Zwar kann die Äußerung von Hassgefühlen eine Aufforderung<br />

zum ‚Mithassen‘ beinhalten. Sie kann aber auch nur zum Ziel haben,<br />

dass die eigene Einstellung akzeptiert wird – auch wenn sie womöglich nicht<br />

geteilt wird. Bis zur Anstiftung anderer User zu verbaler oder körperlicher<br />

Gewalt ist es in jedem Fall noch ein weiter Weg; zudem sind derartige Effekte<br />

schwer nachweisbar.<br />

Was aber wären geeignete Kriterien zur Bestimmung von Fällen, in denen<br />

Hassbekundungen tatsächlich als Aufruf zum Mithassen fungieren können?<br />

Die folgenden sechs Punkte könnten erste Indizien liefern:<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Schon der Nickname signalisiert Hass oder Gewaltbereitschaft.<br />

Der Ausdruck von Hass geht einher mit Beschimpfungen.<br />

Die Ausdrucksweise oder auch die Zeichensetzung (Ausrufezeichen)<br />

ist besonders expressiv.<br />

Es fehlen Ironiesignale (z. B. einschlägige Emoticons).<br />

Statt einer Subjektivierung des Gefühls wird dessen allgemeine Angemessenheit<br />

betont, z. B. durch vereinnahmende Formulierungen in<br />

der ersten Person Plural (statt Singular): ‚unser Hass‘.

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