Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
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226 Björn Technau<br />
kiert wird. In ihrem gemeinsamen Mikrokosmos befolgen die Freunde andere<br />
sprachliche Regeln als außerhalb. Hier sind sie befreit von den Codes, an die<br />
sie sich außerhalb ihres Kreises halten. Dabei scheint diese in meinen Versuchsgruppen<br />
zu beobachtende humoristische PC-Ausbeutung kein Ausnahmephänomen<br />
zu sein. Parallel zur Debatte über Political Correctness beobachtet<br />
Hughes (2010) den Aufschwung politisch inkorrekten Humors, der auf<br />
die Übertretung der neuen Codes setzt.<br />
Simultaneously with the serious cultural debate over political correctness,<br />
there was a less academic reaction consisting of caricatures and ironic parodies,<br />
as well as an upsurge in deliberate politically incorrect humor, trading<br />
on transgressions of the new codes. (Hughes 2010, 259)<br />
Diese Gegenbewegung lässt sich nicht nur anhand der vielen satirischen Veröffentlichungen<br />
und Comedy Shows untersuchen, sondern eben auch in der<br />
gesprochenen Sprache. Aus der Konversationsanalyse lassen sich daher<br />
wertvolle Erkenntnisse über die Effekte gewinnen, die die PC-Bewegung auf<br />
unser sprachliches Verhalten haben kann. Meine Aufnahmen entstanden<br />
Ende 2010 im Rahmen informeller Abendessen der Freunde. Ihre Transkription<br />
orientiert sich am Transkriptionssystem GAT (Selting 1998). Ich werde<br />
mit ihnen die Grenzen der PC-Bewegung aufzeigen, nämlich die Tatsache,<br />
dass die Verwendung politisch inkorrekter Wörter nicht zwingend mit sozialen<br />
Problemen wie Fremdenhass einhergeht. Auch will ich dem Ansatz<br />
widersprechen, dass ein Konterkarieren diskriminierenden Gedankenguts<br />
durch ein zitathaftes Aufgreifen politisch inkorrekter Wörter nur durch die<br />
von der Diskriminierung betroffenen Personengruppe selbst geleistet werden<br />
kann. Nicht sollte es bei der Interpretation auf die Gruppenzugehörigkeit des<br />
Sprechers ankommen, sondern auf dessen tatsächliche Einstellung, die unabhängig<br />
von Hautfarbe, Geschlecht und Sexualität zu bewerten ist.<br />
2. Auswirkungen auf den Sprachgebrauch: Der Reiz zum<br />
Tabubruch<br />
Die Auffassungen darüber, was denn nun als politisch korrekt bzw. inkorrekt<br />
zu gelten hat, unterliegen starken Veränderungen und können somit auch<br />
einen Bedeutungswandel auslösen. So verwundert es nicht, dass Andrews<br />
(1996) eine Analogie zum linguistischen Tabu sieht, das ebenfalls ständigen<br />
Veränderungen unterworfen ist:<br />
[A]lthough the notion of taboo seems to be a universal for all times and<br />
places, specific items of linguistic taboo most certainly change over time, in<br />
some instances with great rapidity. (Andrews 1996, 395)