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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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Know Your Enemy 67<br />

liefe also auf eine staatliche Förderung der zivilgesellschaftlichen Ächtung<br />

von <strong>Hassrede</strong> hinaus: Private Akteure sollen dazu ermutigt und befähigt<br />

werden, <strong>Hassrede</strong> mit eigenen Mitteln zu sanktionieren. 13<br />

Zum anderen kann der Staat natürlich auch zu seinem ureigenen Mittel<br />

greifen, nämlich dem der Rechtsetzung. Durch den Erlass von strafrechtlichen<br />

Normen könnten bestimmte Formen der <strong>Hassrede</strong> mit Geld- oder Gefängnisstrafen<br />

geahndet werden. Ein solcher Tatbestand der „<strong>Hassrede</strong>“, als<br />

Offizialdelikt ausgestaltet, wie z. B. von Mari Matsuda gefordert (vgl.<br />

Matsuda 1989), würde die staatlichen Strafverfolgungsbehörden ermächtigen<br />

und verpflichten, von sich aus aktiv zu werden und in jedem bekannt gewordenen<br />

Fall zu ermitteln. 14 Grundsätzlich möglich wäre allerdings auch die<br />

Schaffung eines rein zivilrechtlichen Delikts, wofür unter anderem Richard<br />

Delgado plädiert hat (vgl. Delgado 1982). Damit könnte Betroffenen ein<br />

individuelles oder kollektives Klagerecht sowie ein grundsätzlicher Rechtsanspruch<br />

auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld eingeräumt werden (vgl.<br />

Hildebrandt 2005, 428-430). 15<br />

13<br />

14<br />

15<br />

Aus Platzgründen ist es an dieser Stelle nicht möglich, näher auf die etwaigen<br />

Probleme einer solchen Strategie einzugehen – man denke nur an die Frage der<br />

Kosten, der Effektivität, der Kontrollierbarkeit, an Gleichbehandlungsprobleme<br />

usw.<br />

Als Alternative zu einem generellen Verbot von <strong>Hassrede</strong> kann man sich auch ein<br />

Verbot in milderer Form vorstellen, das lediglich darauf abzielt, <strong>Hassrede</strong> aus der<br />

Öffentlichkeit zu verdrängen und in (quasi-)private „Räume“ zu verbannen (z. B.<br />

spezielle Internetforen für Neonazis, in denen <strong>Hassrede</strong> straffrei stattfinden<br />

kann). Die Erlaubnis von <strong>Hassrede</strong> ausschließlich in abgeschotteten und eindeutig<br />

gekennzeichneten Zonen (die zwar frei zugänglich sind, aber gezielt aufgesucht<br />

werden müssen, so dass man sie weder zufällig betreten kann noch dazu<br />

gezwungen ist, sie zu betreten) könnte sicherstellen, dass nur solche Personen mit<br />

<strong>Hassrede</strong> konfrontiert werden, die mit <strong>Hassrede</strong> konfrontiert werden wollen,<br />

während „non-consenting adults“ weder belästigt noch geschädigt werden. Dies<br />

wäre ein geringerer Eingriff in die Meinungsfreiheit als ein generelles Verbot,<br />

und Rassisten bliebe ein „Ventil“, um ihren Aggressionen „Luft zu machen“,<br />

ohne dass dies in Gewalt ausartet. (Fraglich ist allerdings, ob nicht schon das<br />

Wissen darüber, dass solche staatlich geduldeten „Hass-Sphären“ existieren,<br />

bestimmte Bevölkerungsgruppen in Angst versetzen kann.) Ob bzw. unter<br />

welchen Bedingungen eine derartige Lösung akzeptabel und durchführbar ist,<br />

kann im Rahmen dieses Beitrags nicht beantwortet werden; in der politischen<br />

Praxis dürfte sie wahrscheinlich weitaus schwieriger zu bewerkstelligen sein als<br />

ein generelles Verbot. Der Ansatz selbst ist einem älteren Beitrag zur Debatte<br />

über die Zensur von Pornographie entnommen (vgl. Feinberg 1983).<br />

An zivilrechtlichen Reglementierungsbestrebungen wird jedoch zuweilen kritisiert,<br />

dass Schadensersatzklagen erfahrungsgemäß längst nicht nur zu legitimen<br />

Zwecken, sondern auch aus rein monetären Gründen angestrengt würden, so dass

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