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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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280 Doris Unger<br />

5.4 Einschränkungen aufgrund der Wertigkeit von Äußerungen<br />

Es ist naheliegend zu argumentieren, dass Äußerungen einige Kriterien erfüllen<br />

müssen, um überhaupt als Meinungen innerhalb der öffentlichen Diskussion<br />

gelten zu können. Diese Kriterien werden sich zum Teil auf inhaltliche<br />

Aspekte der Äußerung beziehen:<br />

[T]he real difference between these (permissible) restrictions and impermissible<br />

forms of content regulation lies in […] the different values attached to<br />

free public discussion of different topics, and the different degrees of risks involved<br />

in authorizing government to regulate the content of these discussions.<br />

(Scanlon 2003, 163)<br />

Wir haben bisher gesehen, dass Mill den Bereich der politischen Meinungsäußerungen<br />

zu dem besonders schutzbedürftigen Bereich zählt. Es ist erstens<br />

leicht einzusehen, dass eine Demokratie darauf angewiesen ist, dass Bürger<br />

ihre Meinungen äußern, ihre Interessen formulieren und Kritik üben dürfen.<br />

Zweitens ist anzunehmen, dass gerade die Unterdrückung politischer Meinungen<br />

im Interesse des Staates sein kann und deshalb politische Meinungen<br />

als besonders gefährdet gelten müssen (siehe oben). Aus diesen Gründen<br />

können wir davon ausgehen, dass politische Äußerungen zu wertvoller Rede<br />

zu zählen sind und in besonderem Maße gefährdet sind.<br />

Prinzipiell kann es relativ schwierig sein zu entscheiden, ob eine bestimmte<br />

Äußerung zur Kategorie der politischen Rede zu zählen ist. Ein und<br />

dieselbe Äußerung kann auf unterschiedliche Weise wahrgenommen und<br />

beurteilt werden – ein Museumsbesucher kann eine Fotografie zum Beispiel<br />

als Pornographie ansehen, die der Künstler selbst als politisches Statement<br />

auffasst. Im Falle von hate speech ist aber zumindest eindeutig, dass es sich<br />

um politische Meinungsäußerungen handeln kann (vgl. Sumner 2000, 134):<br />

Eine Aussage, die behauptet, dass die Angehörigen einer Gruppe schmarotzende<br />

Ungeziefer seien und das Land verlassen sollten, weil sie den Einheimischen<br />

Arbeitsplätze wegnehmen, kann als politische Äußerung gewertet<br />

werden. Das gilt nicht nur für den zweiten und dritten Teil des Satzes, sondern<br />

auch für den ersten. Es ist in der Praxis äußerst schwierig, einer Äußerung<br />

von hate speech eine politische Natur allein aufgrund ihres Inhalts abzusprechen.<br />

Es liegt allerdings nahe, anzunehmen, dass die Interpretation vereinfacht<br />

werden kann, wenn bestimmte Wörter als Indikatoren dafür verwendet werden,<br />

dass es sich bei einer Äußerung um einen besonders wertlosen Beitrag<br />

handelt. Als Beispiel sollen uns degradierende Schimpfwörter, sogenannte<br />

Ethnophaulismen, dienen. Es lässt sich relativ problemlos die folgende Argumentation<br />

nachvollziehen: Degradierende Schimpfwörter sollten als besonders<br />

wertlose Rede eingeordnet werden, weil – so behaupten jedenfalls man-

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