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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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40 Lann Hornscheidt<br />

diese intentional ‚falsch‘ 23 , d. h. nicht den Tatsachen entsprechend in dieser<br />

Vorstellung, sprachlich appelliert, d. h. direkt angesprochen oder über sie<br />

geredet wird (vgl. Hayn 2011). Ein aus meiner Perspektive problematischer<br />

Aspekt dieser Form von Rechtsdiskursen zu sprachlichen Diskriminierungen<br />

liegt in der strafrechtlich ausschließlich relevant gesetzten Ebene individueller<br />

Verantwortung (auf Seiten der Sprechenden) und (wahrgenommenen oder<br />

feststellbaren) 24 Kränkung (auf Seiten der Angesprochenen): Jegliche Bezugnahme<br />

auf gesellschaftlich-strukturelle Aspekte wird hier auf diese Weise<br />

ausgeschlossen und die Frage, ob eine sprachliche Handlung die Persönlichkeitsrechte<br />

einer Person verletzt und diese auf diese Weise öffentlich verleumdet<br />

wird, zur einzigen öffentlichen Wahrnehmungsebene von <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong><br />

und ihre öffentlich-rechtliche Verhandlung gemacht. Auf diese Weise<br />

werden auch über Rechtsdiskurse diskriminierende SprachHandlungen immer<br />

wieder individualisiert und die gesellschaftliche Dimension von diskriminierenden<br />

SprachHandlungen weggenannt. Richt_erinnen nehmen in diesen<br />

Prozessen und Rechtsprechungen dann die Position „neutraler“ Instanzen<br />

ein, die auf der Grundlage einer nicht näher benannten Folie meinen bestimmen<br />

zu können, ob eine sprachliche Handlung als Diskriminierung einzuschätzen<br />

sei oder nicht. Auf diese Weise stellt sich der Staat stellvertretend<br />

über die Instanz der Ri_chterinnen als neutrale Instanz in Bezug auf strukturelle<br />

Diskriminierungen her – und verstetigt auf diese Weise machtvoll ein<br />

Selbstbild als nicht-diskriminierend. Denn dies ist die entnannte Voraussetzung<br />

für die Konstruktion des Staates als richtende Instanz in Fragen sprachlicher<br />

Diskriminierung. Die Re_Produktion von sprachlichen Diskriminierungen<br />

als individuell motivierte und auf Individuen bezogene Handlungsinstanzen<br />

wird hier deutlich und zeigt sich in der einer Vielschichtigkeit seiner<br />

Konstituierung hier.<br />

Pejorisierungen können sich – traditionell morphologisch und sprachtypologisch<br />

betrachtet – auf viele verschiedene Arten realisieren – aus der<br />

Verwendung einzelner Wörter in den unterschiedlichsten Situationen – aber<br />

23<br />

24<br />

‚Falsch‘ steht hier in einfachen Anführungsstrichen, um deutlich zu machen, dass<br />

ich hier die mit dieser Kategorisierung einhergehenden Welt- und Wirklichkeitssicht<br />

grundlegend nicht nachvollziehe, sondern lediglich zur Veranschaulichung<br />

einer entsprechenden Position zitiere.<br />

Ob es sich um eine wahrgenommene oder eine feststellbare oder festgestellte<br />

Kränkung handelt, unterscheidet sich je nach Ansatz und ist für die Frage der<br />

Einschätzung entsprechender Modelle und ihrer kritischen Reflexion von<br />

Relevanz. Auch ist hier zu fragen, welche Person und/oder Position die Autorität<br />

besitzt darüber zu befinden, ob eine Kränkung feststellbar ist oder nicht. Auch<br />

dieser Aspekt wird später noch ausführlicher behandelt.

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