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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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260 Doris Unger<br />

Merkmale als Grundlage dienen, die zwar von einer Gruppe von Individuen<br />

geteilt werden, die aber nicht in Zusammenhang mit einem gemeinschaftlichen<br />

Lebensstil stehen, wie etwa die Hautfarbe oder das Geschlecht 3 . Relevant<br />

ist nicht, ob Individuen bestimmte Merkmale selbst für relevant halten<br />

oder sie sich als Mitglieder einer bestimmten Gruppe sehen, sondern ob sie<br />

von Anderen als Träger bestimmter Merkmale angesehen werden:<br />

[D]ie aktive Identifikation mit der Gruppe und der Wunsch des Einzelnen dazuzugehören,<br />

ist keine Bedingung für die diesbezügliche passive Identifizierung<br />

durch andere: Das Individuum wird zum Mitglied dieser Gruppen<br />

gemacht, und zwar nicht zuletzt, indem es von seiner sozialen Umgebung als<br />

solches betrachtet und behandelt wird. (Boshammer 2003, 83; Hervorhebungen<br />

übernommen)<br />

In einer liberalen Demokratie ist hate speech nicht deshalb problematisch,<br />

weil Gruppen an sich herabgewürdigt werden. Im Gegenteil ist sie für Liberale<br />

ablehnungswürdig, weil sie einzelne Personen auf die negativen Eigenschaften,<br />

die einer Gruppe zugeschrieben werden, reduziert (vgl. Waldron<br />

2009, 1609). Individuen werden so „generisch, d. h. als Vertreter ihrer ‚Gattung‘<br />

und damit als austauschbar behandelt“ (Graumann/Wintermantel 2007,<br />

151).<br />

<strong>Hate</strong> speech unterscheidet sich in dieser Hinsicht wesentlich von Blasphemie.<br />

Zwar kann Blasphemie für die Gläubigen einer Religion beleidigend<br />

und verletzend sein, besonders dann, wenn die Religionszugehörigkeit für<br />

die einzelne Person eine wichtige Rolle spielt. Trotzdem besteht ein Unterschied,<br />

ob eine Religion inhaltlich kritisiert und lächerlich gemacht wird oder<br />

ob die Religionsangehörigen selbst herabgewürdigt werden. Heyman macht<br />

den Unterschied am Beispiel der dänischen Mohammed-Karikaturen deutlich:<br />

[T]hose drawings [the Danish cartoons] did not attack the humanity of Muslims<br />

or call for any form of violence or discrimination against them. Instead,<br />

these drawings were intended to criticize […] aspects of Islamic culture or<br />

belief […] This does not constitute hate speech. It is true that religious beliefs<br />

are central to many people’s identity and that an attack on those beliefs may<br />

therefore be experienced as an attack on their personality. But insofar as one’s<br />

identity is based on beliefs of this sort, it must be open to revision and transformation<br />

in light of criticism. (Heyman 2009, 180) 4<br />

3<br />

4<br />

Dies sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine solche Einteilung nicht<br />

immer eindeutig ist.<br />

Siehe für eine sehr ähnliche Argumentation Waldron (2010, 1612-1613).

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